Berina du bist damals nach Italien ausgewandert Wie ist es dazu gekommen Ich bin damals ausgewandert nachdem ich eine persönliche Einladung für eine Kunstausstellung meiner Werke Fratzen auf italienisch smorfie erhielt Diese Einladung habe ich sofort angenommen da es meiner Meinung nach ein Traum fast jedes Künstlers ist in Rom auszustellen Es sollten nur sechs Monate sein die ich dort hätte verbringen sollen Aber durch diverse Umstände wurde die Ausstellung verschoben da es zu einer Schießerei zwischen Clans gekommen war und die Ausstellungsräume aus Angst verschlossen blieben Irgendwie wurden es dann tatsächlich mehr als zehn Jahre die ich in Italien gelebt habe Mittlerweile bin ich unter Vertrag bei einem Verlag in Rom der Casa Editrice Pagine und habe eine wunderbare Kuratorin Carla Di Ienno die meine Werke pflegt und sich um die Ausstellungen kümmert Aktuell bist du zurück in Deutschland Was können wir von den Südländern aus deiner Sicht lernen Was heißt lernen Ich würde es als Lebensweisheit beschreiben Die Südländer sind sehr langsam in ihrem Tun und Handeln Das liegt mit Sicherheit auch an dem dortigem Klima Doch nichtsdestotrotz würde ich jedem nahelegen sich mehr zu entspannen und seine Zeit zu genießen die er auf der Welt verbringt Vor allem die Dinge nicht so ernst zu nehmen und sich einfach keine Probleme zu kreieren die nicht nötig sind Hier in Deutschland sehe ich jetzt alles mit anderen Augen Die Menschen hier sind zu gestresst zum größten Teil ohne ein Lächeln im Gesicht und nur mit ihrer Arbeit beschäftigt ohne großartig ihr soziales Umfeld zu pflegen oder mit ihrer Familie am Essenstisch zu genießen Und ich spreche von Personen in meinem Alter Mit Sicherheit sind sie am Wochenende unterwegs aber das sieht hier dann einfach eher nach Kampftrinken aus und nicht nach Genuss eines schönen Abends mit Freunden Die Arbeit wird teils mit Unlust verbunden und einem starken Zwang In Italien sind die Menschen mit ihren Familien und Freunden jeden Tag nach dem Abendbrot unterwegs ohne sich großartig Gedanken um das Aufstehen am nächsten Morgen zu machen Die Italiener leben jeden Tag so als wäre es der Letzte Auch die Zusammengehörigkeit der Familien ist ein sehr wich tiger Punkt und das Leben mit den Lieben zu verbringen Machen wir einen kleinen Sprung Was hat deinen künstlerischen Stil im Wesentlichen geprägt Meinen Stil habe ich 2005 festgelegt Meine Inspiration sind die Menschen die ich jeden Tag gesehen habe und sehe die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen Ich habe viele Gesichter beobachtet die einfach traurig und unzufrieden schienen auch wenn es nach außen hin versucht wird wegzuspielen Eben eine Maske aufzusetzen damit es verborgen wird das ungute Gefühl Es sind die typischen von mir genannten Fratzen die sich jeder von uns im Leben mal aufsetzt um einfach Dinge aus der wahren inneren emotionalen Welt zu verstecken Der Stil ist der Ausdruck der Leere im Menschen und deren Versteck hinter der Maske die für die Gesellschaft funktionieren muss Und diese Intuition das Innere des Gegenüber zu spüren ist die Prägung in meinen Kunstwerken In einigen Gegenden Italiens kommt man in bestimmten Kreisen schwerlich um die Mafia herum Welche Erfahrungen hast du in diesem Kontext gemacht Es ist tatsächlich so dass es sein kann dass du dich am Tisch mit Leuten wiederfindest die in diese Kreisen verkehren Es ist eine sehr abenteuerliche und mit Adrenalin gefüllte Erfahrung Es kann dafür auch sein dass man sich in solchen Kreisen bewegt ohne es gemerkt zu haben Diese Art von Personen sind ganz normale Familien die ihr Leben leben und nicht den Eindruck machen dass sie einen speziellen Beruf ausüben Erst wenn sie Vertrauen zu dir aufgebaut haben werden Gespräche offen geführt Da kann es schon einmal passieren dass sich jemand über das Business aufregt in dem schon morgens jemand in das Knie geschossen werden muss Man muss sehr vorsichtig sein wenn man diese Art von Freund schaften pflegen möchte und von deren Schutz profitieren will Als Künstlerin hatte ich das Glück inne mich in einer Art Sonderrolle zu befinden Du hast früher schon Ausstellungen in Braun schweig gemacht An welche Veranstaltungen oder Aktionen denkst du da besonders gern zurück Ich denke sehr gerne an die Ausstellung im Haarwerk zurück da es eine interaktive Ausstellung war und ich mit der Unterstützung von Benni Dannel für jedes einzelne Werk ein Musikstück hatte das das Werk unterstrich um dem Ganzen noch mehr Ausdruck zu verleihen Ich reiste damals 24 Stunden nach dem Kriegsende in Bosnien und Herzegowina sofort ins Land um Fotos zu machen Diese waren dann meine Hommage Ausstellung in Braunschweig an den Bosnienkrieg Dann denke ich gerne an die Ausstellung im Velvet in der Loungebar zurück da es meine ersten Bilder der Fratzen waren und auch das größte Format mit zwei Meter hohen Bildern die ich kurze Zeit später verkaufte Auch bei dieser Ausstellung hatte ich Unterstützung vom Gastronom Marco Schönian der mir diesen Ausstellungsort zur Verfügung stellte Heute bist du alleinerziehende Mutter und bringst dein künstlerisches Schaffen weitere Jobs und dein Kind unter einen Hut Wie würdest du alleinerziehende Mütter motivieren Jeder Anfang ist schwer vor allem als eine alleinerziehende Mutter die zwei Rollen übernehmen muss Der Vater meiner Tochter war jahrelang JUNI 19 liFeStYle PORTRäT BERINA LINGO 42

Vorschau Stadtglanz Y Juni 2019 Seite 42
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