Der Mittelstand. 1|2014 Seite 7

Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.

Inhalt

die 45 Jahre in die Kassen eingezahlt haben schon mit 63 Jahren ohne Abschläge aus dem Erwerbsleben ausscheiden können Da mit ist der zentrale Gedanke der Reform dass die Sozialsysteme dringend auf den demografischen Wandel einjustiert werden müssen aufgegeben worden ohne Not Die Facharbeiter um die es hier geht gehören zu den bestverdienenden Beitragszahlern überhaupt Das Nachsehen haben die Jungen Der Vertrag mag ambitionslos sein die beteiligten Akteure sind es nicht Mittelstandspolitiker kritisieren außerdem dass trotz anders lautender Versprechen die Union es wieder einmal nicht ge schafft hat die Kalte Progression anzugehen also das Zusam menspiel zwischen Inflation und Steuerkurve Bekommt etwa ein Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung rutscht er auf der Steuerkurve nach oben muss also mehr Steuern zahlen Die Inflation macht aber einen Teil seines Lohnanstiegs wertlos weil er für Dinge des täglichen Lebens mehr ausgeben muss als vorher Im schlimmsten Fall schlägt die kalte Progression so zu dass der Arbeitnehmer durch die Gehaltserhöhung zwar mehr Steuern zahlt real aber über ein geringeres Einkommen verfügt als vorher Auf die Steuerzahler kommen in den nächsten vier Jahren Belastungen im zweistelligen Milliardenbereich zu Nach ak tuellen Berechnungen des Bundesfinanzministeriums werden sie allein im Jahr 2017 durch die kalte Progression etwa acht Milliarden Euro mehr Steuern zahlen müssen als noch im lau fenden Jahr Über die gesamte Legislaturperiode gerechnet nehme der Staat dadurch gut 17 5 Milliarden Euro zusätzlich ein Darüber hinaus werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber belastet weil Union und SPD den Rentenbeitrag festschreiben möchten obwohl er laut Gesetz 2014 sinken müsste Die Union hatte im Wahlkampf angekündigt die kalte Pro gression zu mildern konnte sich in den Verhandlungen mit der SPD aber nicht durchsetzen Auch das Versprechen es werde mit der Union keine Steuererhöhungen geben wird so klammheimlich unterlaufen In Hintergrundgesprächen beschreiben SPD Politiker die mitverhandelt haben diese Erfahrung bei fast allen anderen Themen auch so beim Mindestlohn den viele Mittelstands politiker für arbeitsplatzgefährdend halten bei der Abschaf fung des Optionsmodells die einen Einstieg in die Doppelte Staatsbürgerschaft darstellt bei der Lebensleistungsrente oder der Einführung einer Frauenquote in Dax Unternehmen mit der die frühere Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bei ihren Parteifreunden seinerzeit noch auf Granit gebissen hatte Man sei so berichtet ein SPD Abgeordneter durch die Unionsreihen gezogen wie durch Butter Die wollten nichts Allerdings ist der Koalitionsvertrag eben auch nur ein Papier Man muss sich nur kurz in Erinnerung rufen dass die größten Arbeitsmarktreformen in der Geschichte der Bundesrepub lik die Agenda 2010 der Regierung Schröder 2002 ebenso wenig im rot grünen Koalitionsvertrag standen wie zuvor die Entsendung deutscher Soldaten in den Kosovo wie die Einführung des Euro unter Helmut Kohl oder die Krisenbewäl tigung unter der ersten Großen Koalition die Angela Merkel führte Hinzu kommt das Personal Der Vertrag mag ambitionslos sein die beteiligten Akteure sind es nicht Der SPD Vor sitzende Sigmar Gabriel hat sein politisches Schicksal an das Gelingen der Energiewende gehängt Mit Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin könnte die deutsche Rat losigkeit über die eigene Rolle in der Welt ein Ende finden Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière sind politische Schwergewichte die es der Opposition nicht leicht machen Ablehnung zu mobilisieren Auf der Ebene der Staatssekre täre hat sich die SPD mit namhaften Grünen ökologische Kompetenz eingekauft Vergessen wir den Koalitionsvertrag Er war das Protokoll einer mühsamen Annäherung zweier Widerwilliger nach dem Betriebsunfall des Ausscheidens der FDP und dem Platzen der rotgrünen Träume Die Annäherung wird vielleicht nie gelin gen wie die aktuellen Auseinandersetzungen um Vorratsda tenspeicherung Zuwanderung oder Mindestlohn zeigen Aber sind Konflikte nicht die Grundbedingung guten Regierens Mariam Lau Redakteurin im Hauptstadtbüro der ZEIT POLITIK 7Der Mittelstand 1 2014


Vorschau Der Mittelstand. 1|2014 Seite 7