Der Mittelstand. 6|2013 Seite 31

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Martin Drescher InterGest SA Luxemburg Mitglied im IBWF Institut für Betriebsberatung Wirtschaftsförderung und forschung e V Wenn mittelständische Unternehmen über eine Expansion ins Ausland nachdenken richtet sich der Fokus der letzten Jahre auf die mitteleuropäischen Nachbarstaaten die Tür kei Indien Südost Asien China oder Südamerika Das Groß herzogtum Luxemburg eher bekannt als kleiner aber feiner Bankenplatz im Zentrum der EU scheint für die Ansiedlung neuer Geschäftsbereiche ein eher ungewöhnlicher Gedanke Viele europäische Unternehmen wanderten in den letzten 20 Jahren dem Wunsch nach günstigen Produktionsbedingungen folgend in meist asiatische Länder Nicht wenige davon ver lagern nun Produktionen zurück nach Europa Häufige Gründe hierfür sind kulturell mentale Unterschiede die Qualifikation verfügbarer Arbeitskräfte Unsicherheit beim Schutz des geis tigen Eigentums bürokratische Hürden wenig kooperative Behörden sowie unterschätzte Implementierungskosten Stark gestiegene Lohn und Infrastrukturkosten in diesen Staaten relativieren zudem die erhofften Standortvorteile Klein aber fein Luxemburg das nach Malta kleinste EU Land mit 531 600 Einwohnern und einer Größe die dem Saarland entspricht wandelte sich in den vergangenen 25 Jahren von einem agra risch geprägten Land zu einem der wichtigsten Bankenplätze Europas Heute sind hier 143 Banken 94 Versicherer und 243 Rückversicherer ansässig Rund 85 Prozent des BIP werden durch Dienstleistungen realisiert hauptsächlich im Finanz bereich Die Wirtschaftskrise hat jedoch ein Umdenken in der Ansiedlungspolitik bewirkt Heute wirbt das Großherzog tum offensiv mit Förderprogrammen um Unternehmen die sich mit Forschung und zukunftsorientierten Technologien Produkten und Dienstleistungen beschäftigen Hierzu gehö ren Branchen wie Pharma Medizin regenerative Energien Umweltschutz IT Neue Medien und High Tech Effiziente Cluster in den Bereichen wie Autokomponenten ökologische Innovationen Gesundheit Biotechnologie Materialforschung sowie Informations und Kommunikationstechnologie wurden ins Leben gerufen Hier kommt Luxemburg seine Größe und Flexibilität zugute Internationale Unternehmen schätzen am Standort Luxemburg die Nähe zu Entscheidern und Regierung unternehmerfreund liche Wirtschaftspolitik und steuerlich rechtliche Rahmenbe dingungen In direktem Dialog mit dem Wirtschaftsministerium werden für geförderte Branchen individuelle Ansiedlungspa kete geschnürt die in Europa kaum zu überbieten sind Die Entwicklung des Bankenplatzes die Anwesenheit bedeu tender EU Institutionen sowie die Nachfrage namhafter Global Player gelten als Jobmagneten für internationale hoch aus gebildete Arbeitskräfte So ist es kaum verwunderlich dass Luxemburg die höchste Produktivität pro Kopf weltweit und das höchste BIP pro Kopf in der EU aufweist 67 Prozent der Be rufstätigen sind Ausländer für 42 Prozent aller Erwerbstätigen ist Englisch die Sprache am Arbeitsplatz Arbeiten in Luxem burg ist attraktiv da es hier einen Mindestlohn bis 12 50 Euro jährlichen Inflationsausgleich eine gute Altersabsicherung und niedrige Abgaben gibt Die Sozialversicherungsabzüge betragen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber je circa dreizehn Prozent Da bis 2015 im Onlinehandel mit der Mehrwertsteuer des Ver senderlandes fakturiert wird ist es leicht nachvollziehbar dass sich Firmen wie Amazon eBay iTunes und PayPal im Land mit den EU weit niedrigsten Steuersätzen drei bis fünf zehn Prozent niederließen E Books werden mit drei Prozent Mehrwertsteuer belegt Der Boom dieser Branche beschert Luxemburg das modernste und leistungsfähigste Glasfasernetz mit bemerkenswerten IT Strukturen Das Großherzogtum ver fügt über eine exzellente Logistikinfrastruktur Mit LuxCargo entwickelte sich hier einer der bedeutendsten Luftfracht Umschlagplätze Europas Die Besteuerung von Einkünften aus der Nutzung geistigen Eigentums mit knapp sechs Prozent die seit 2011 auf neu ein getragene oder erworbene Patente Marken und geschützte In halte in Anrechnung gebracht wird ist nicht nur für den Aufbau von Franchise Lizenz oder Filialsystemen interessant Sie ist auch auf digitale Inhalte und Domains anwendbar Projekt und Entwicklungsgesellschaften im Bereich der Erneuerbaren Energien Gewerbeimmobilien oder Unternehmensbeteiligun gen profitieren von der steuerneutralen Veräußerungsmöglich keit von Tochtergesellschaften für die luxemburgische Mutter Wermutstropfen bleiben vor allem in der Stadt Luxemburg die Immobilien und Mietpreise die auch nach einer Abkühlung in 2009 immer noch über dem Niveau von Hamburg oder München liegen Sicherlich kann ein Standort im Herzen Europas heute nicht erste Wahl für arbeitsintensive Großserienfertigungen mit niedrigem Qualifikationsanspruch sein Sucht man jedoch eine zentrale innovative Basis mit exzellenter Infrastruktur an der sich die Risiken asiatischer Standorte vermeiden lassen lohnt es sich den Standort Luxemburg genauer zu prüfen Fo to V ita s F ot ol ia c om IBWF 31Der Mittelstand 6 2013


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