16 Weltweite Wirtschaftspolitik Bis vor 150 Jahren erhoben die meisten Länder hohe Zölle und Steuern auf ausländische Produkte um zu verhindern dass ausländische Produkte häufiger gekauft werden als die inländischen Der Schotte Adam Smith behauptete 1776 der Wohlstand sowohl im Inland als auch im Ausland würde steigen wenn Waren zwischen Ländern frei gehandelt werden könnten Handelshemmnisse also die Beschränkung und Be steuerung von Handel über Grenzen hinweg müssten dazu abgebaut werden Die Idee ist dass jedes Land bestimmte Produkte günstiger herstellen kann als an dere Länder aufgrund seiner Rohstoffe seines Klimas der Kompetenzen seiner Menschen und der jeweiligen Lohnhöhe Die Länder verkaufen sich dann unterein ander die Produkte zu einem im Verhältnis günstigeren Preis als sie sie selbst hätten herstellen können und alle profitieren Nach diesem Modell der internationalen Arbeitsteilung produzieren stark vereinfacht gesagt westliche Industrieländer aufgrund ihrer Kompetenzen zum Beispiel technologische Innovationen Erste Welt sogenannte Schwellenländer Zweite Welt produzieren Massenprodukte zu günstigen Löhnen und Länder der sogenannten Dritten Welt produzieren wenig technisch entwickelte Produkte die sehr arbeitsintensiv sind wie zum Beispiel Lebensmittel Soweit die wie gesagt sehr verkürzte Theorie In der Praxis funktioniert das allerdings ganz anders Geflügelreste aus Europa in Ghana Aufgrund des geeigneten Klimas und der preiswerten Arbeitskräfte lassen sich landwirtschaftliche Produkte also am günstigsten in den Ländern des Südens produzieren Könnten alle Produkte weltweit ohne Einschränkung gehandelt werden hätte dies zur Folge dass landwirtschaftliche Produkte die in Europa hergestellt werden im Verhältnis viel teurer wären und nicht mehr gekauft werden würden Dann würden zum Beispiel die deutschen Landwirt inn e n ihr Einkommen verlieren Um dies zu verhindern zahlt die Europäische Union EU seit ihrer Gründung in großem Umfang Subventionen also Fördergelder und Steuervergünstigungen die die eigene Landwirt schaft stützen Ein Drittel des gesamten Budgets der Europäischen Union sind Agrarsubventionen Mit Hilfe von staatlichen Subventionen werden zum Beispiel überschüssige Produkte aus Europa zu günsti gen Preisen in Entwicklungsländern verkauft In Burkina Faso kostete die Produktion eines Liters Milch im Jahr 2009 umgerechnet 40 Cent Der Verkaufspreis lag bei circa 70 Cent Das aus Dänemark eingeführte subven tionierte Milchpulver kostete dagegen nur 30 Cent Die Bauern in Burkina Faso konnten hier nicht mithalten In Ghana brach der Preis für Geflügel ein weil Geflügel reste die in der EU nicht verkauft wurden die Märkte überschwemmen In der Folge kämpfen ghanaische Kleinbauern und bäuerinnen die kaum andere Einnah mequellen haben um ihre Existenz Es gibt zahlreiche weitere Beispiele für ehemals florierende Wirtschafts zweige in Entwicklungsländern die durch subventio nierte Produkte aus der EU oder den Vereinigten Staaten ruiniert wurden Das Freihandelsabkommen Economic Partnership Agreement Viele Jahre lang räumte die EU ehemaligen europäi schen Kolonien in Afrika der Karibik und dem Pazifik den sogenannten AKP Staaten besondere Handels vorteile ein um sie beim Aufbau ihrer Wirtschaft zu unterstützen Sie durften ihre Waren zoll und abgabe frei einführen während sie ihrerseits zum Schutz ihrer Märkte Zölle erheben konnten Diese Regelungen sollen jetzt abgeschafft und durch die sogenannten Economic Partnership Agreements EPAs ersetzt werden Die AKP Staaten müssten dann ihre Märkte komplett für Agrar und Industrie erzeugnisse aus der EU öffnen Die afrikanischen Staaten befürchten dass dies ihre heimische Wirt schaft bedroht Den Staaten die nicht bereit sind die Handelsabkommen zu unterschreiben droht man mit dem Entzug der Zollfreiheit In Kenia wurden Strafzölle erhoben und in der Folge gingen Bauern und Bäuerin nen Händler innen und Futtermittelhersteller innen pleite Aus Angst vor diesen Konsequenzen willigen nun immer mehr afrikanische Staaten in die EPAs ein Das Beispiel der EPAs zeigt eindrücklich wie sich die Interessen der europäischen Entwicklungspolitik die unter anderem gemeinsam mit den betroffenen Menschen Armut bekämpfen möchte und jene der Wirtschaftspolitik konträr gegenüberstehen Dass

Vorschau Aktionsheft Gerechtigkeit Seite 16
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