Meine Butterfly hatte 28 Bilder die ich wie in einem Film kom ponierte Das funktionierte beim Publikum überall auf der Welt in Washington wie in Warschau im Oman im Gaza Streifen und auch in Baden Baden Oper ist Kommunikation ohne Sprachbarrieren durch Bilder und Musik ie Künstlichkeit der Oper schreckt ihn nicht im Gegenteil Unter den Filmschaffenden zählt Tre liński sich zu den Anhängern Méliès der anders als die Brüder Lumière das Filmisch Artifizielle vor die dokumentarische Realitätsnähe stellte Ich halte es auch mit Fellini sagt Treliński der keinen schöneren Sonnenuntergang als denjenigen kannte den er sich selbst in Studio 5 der Cinecittà geleuchtet hatte Wahrscheinlich hätte auch Richard Wagner diesen Satz un terschreiben können hätte er den Film als Kunstform gekannt Er schrieb filmische Regieanweisungen in seine Partituren In der Walküre sollten Rösser von Fels zu Fels fliegen so et was ist für Mariusz Treliński und seinen Bühnenbildner Boris Kud lička kein Problem mehr Sie nennen ihre Bühnenbilder Mobile Spaces bewegliche Räume und kommen damit Wagners Bühnenträumen dank modernster Projek tionstechnik sehr nahe Der Vorteil gegenüber dem Kino In einem Theater raum agieren Menschen Sängerinnen Sänger und Musiker überwinden die im Kino allgegenwärtige Trennwand zwischen Kunst und Adressat Den Holländer den er einst durch ganz reales Wasser auf der Bühne waten ließ sieht er verwandt mit Tristan In beiden Opern geht es um Mann und Frau und es gibt einen Mann der in gewissem Sinn vergiftet ist In Tristan geht dies auf die Geburt zurück bei der die Mutter starb Auch den Vater lernte er nie kennen der war schon zuvor gestorben Im Fliegenden Holländer erfahren wir den Grund der Vergiftung nicht Bei de Paare wollen der Welt entfliehen in eine Dunkelheit im Holländer ist es der Ozean für Tristan ist es die Nacht zwei starke Sym bole für das Bewusstsein In beiden Geschichten gibt es eine Frau die der einzige Kontakt des Mannes zur Welt ist Sie hält den Mann im Leben Der Hol länder kommt alle sieben Jahre an Land um die Welt zu berühren Tristan das Kind der Nacht flüchtet vor dem Tages licht Isolde ist die einzige Person die ihm für einen Moment erlaubt das alles zu vergessen und ihn ins Leben führt Kein Zweifel Tristan geht philosophisch deut lich weiter weil es keinen Weg zur Erlö sung gibt Genau diesen Schritt ist später auch die Psychoanalyse gegangen Freud war wie Wagner ein begeisterter Leser Schopenhauers Dass dem Regisseur kein Detail entgeht dafür sorgt seine Lesewut die ihn schon als Schüler befiel Ich lese möglichst al les was ich über einen Stoff in die Finger bekomme sagt Treliński Derzeit dechif friert er noch das Tristan Libretto das ihm als Geschichte der umgekehrten Vorzeichen imponiert die auf einen Rollentausch von Leben und Tod hinauslaufe Für Tristan sei das größte Glück nicht die Erfüllung seines Lebens traums darauf zie le zumindest am Anfang eher Isolde ab Nicht Hei rat Haus Familie wolle Tristan Er strebe nach Auflö sung der Existenz der Weg in den Tod als Reise ins Glück Tristan und Isolde erklärt Treliński weiter seien nicht wie Romeo und Julia die lieben und le ben wollten als der Tod ihr Streben nach Glück zer riss Bei Tristan und Isolde sei der Tod ganz im Ge genteil Voraussetzung des Glücks Liebe ist etwas das auf dem Weg zum Tode aufhält und behindert so Treliński über Tristan beziehungsweise Tantris wie im indischen Tantrismus wieder so ein umgekehr tes Vorzeichen er sich länger mit dem Bil dermagier unterhält stößt in geistige Tiefen vor die min destens ebenso faszinierend sind wie die Ideen des Regis seurs sein Publikum bildgewaltig zu fesseln Natür lich blitzt da noch der junge wilde Filmemacher durch der sich heute mit seinem Sohn nur zu gern den neuen Mad Max Streifen ansieht und dabei Wag ners Walhall aus dem Rheingold vor Augen hat Ich halte es mit Fellini der keinen schöneren Sonnen untergang kannte als den in Studio 5 GALERIE Bilder früherer Trelin ski Inszenierungen im Festspielhaus Baden Baden finden Sie unter www festspielhaus de magazin FO T O A N D R E A K R E M P E R 56 T ri st a n u n d I so ld e

Vorschau Festspielhaus-Magazin 2015 II Seite 56
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