Landschaftliche Schönheit verband sich zur Blütezeit Baden Badens in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts mit gesell schaftlichem und kulturellem Glanz in einzigartiger Weise nicht zuletzt durch eine mäzenatische Spielbank Richard Wagners Beziehungen zu der capitale d été de l Europe sind zwar eher peripher und nur durch die Nähe zur badischen Residenzstadt Karlsruhe mit ihrer Hofoper von einiger Bedeutung aber doch von großem musik und kulturgeschichtlichem Interesse Wich tig war dabei die frühe Eisenbahnverbindung zwischen den bei den Städten die auch Wagner mehrfach nutzte Das Ensemble des badischen Hoftheaters gastierte seit dem Jahr 1862 als das Baden Badener Theater eröffnet wurde jeden Mittwoch auch in den Sommermonaten mit Opern und Schauspielen soweit sie auf die kleine Bühne passten Darunter waren viele später zum Teil Maßstäbe setzende Wagner Aufführungen vor allem in der Ära des Dirigenten und Komponisten Felix Mottl von 1880 bis 1903 in der Karlsruhe als Klein Bayreuth galt Ist es nicht ein schöner Zufall dass das heutige Badische Staatstheater an genau der Stelle steht wo im 19 Jahrhundert in Karlsruhe der Bahnhof war und das heutige Baden Badener Festspielhaus dort wo damals in Baden Baden der Bahnhof stand der nun geschickt in das Ensemble des neuen Hauses integriert ist Richard Wagner weilte zweimal in Baden Baden am 16 17 Au gust 1860 und im November 1863 Ein Treffen des Meisters mit seinem Propagandisten Richard Pohl seit 1863 Redakteur des einflussreichen Badeblatts seinem Freund Förderer und Schwiegervater anfänglich wider Willen Franz Liszt und mit Hector Berlioz im Jahr 1867 über das von Friedrich von Flotow berichtet wurde es soll um den Plan zu einem Festspielhaus gegangen sein gehört in den Bereich der Legende Wagner war 1867 unter anderem in Zürich München Luzern und Paris aber nicht in Baden Baden Liszt besuchte zwar einige Male Baden Baden als Pianist zur Erholung und als Ehrengast bei Musik festen in diesem Jahr jedoch nicht Hector Berlioz leitete zwi schen 1853 und 1863 fast jedes Jahr ein großes Konzert oder Opernaufführungen musste aber 1865 wegen Krankheit absagen und wäre zwei Jahre später sicher weder willens noch in der Lage gewesen wegen Wagner den er nach anfänglichem Wohlwollen inzwischen gar nicht mehr schätzte irgendwelche Reisestrapazen auf sich zu nehmen Nach seiner Teilnahme an der Dresdener Mairevolution im Jahr 1849 war der Dresdener Hofkapellmeister Richard Wagner ein steckbrieflich gesuchter Revolutionär der zunächst in Zürich Asyl fand aber den Boden des Deutschen Bundes nicht be treten durfte Die zunehmende Verbreitung seiner Werke seit 1853 auch in Karlsruhe dort von der Großherzogin Luise einer Klavierschülerin Hans von Bülows und Wagner Verehrerin der ersten Stunde und ihrem kulturell und politisch aufgeschlosse nen Gatten dem Großherzog Friedrich I gefördert konnte er nur aus der Ferne verfolgen Zusammen mit einigen Fürsten Kollegen darunter Prinzessin Augusta von Preußen Mutter der Großherzogin Luise und spätere Kaiserin erreichte der badische Großherzog eine Teilamnestie für Wagner mit Ausnahme von Sachsen So konnte er am 12 August 1860 erstmals wieder zusammen mit seiner Frau Minna den Boden des Deutschen Bundes betreten und reiste nach Frankfurt am Main In Mein Leben schreibt er dann Von hier aus wendeten wir uns am 16 August gera de nach Baden Baden wo während Minna mit ihrer Freundin sich dem Reize der Verführung durch das Roulettespiel aussetzte ich mich vermittelst eines Empfehlungsbriefes des Grafen Pourtalès an Gräfin Hacke Hofdame Ihrer Königl Hoheit um einen Empfang bei meiner hohen Gönnerin bewarb Nach einigem Zögern erhielt ich von ihr den Bescheid ich möge sie nachmittags um fünf Uhr in der Trinkhalle aufsuchen Es war ein naßkalter Tag die ganze Um gebung des Lokales um diese Zeit wie ausgestorben als ich mich der verheißungsvollen Trinkhalle zu wandte in welcher Augusta mit Gräfin Hacke auf und ab schritt und huldvoll anhielt als sie an mir vorüber kam Der höchst anmutige Eindruck den sie mir an jenem Abende in ihrer Loge des Berliner Hoftheaters als ihr Gemahl mich ihr vorstellte gemacht hatte war jetzt in keiner Weise von mir wiederzugewinnen sie sprach auffallend affektiert und erinnerte mich an ih ren erhabenen Bruder den Großherzog von Weimar welchen ich vor einigen Jahren in Luzern kennenge lernt hatte Außerdem bestand ihr Vortrag fast ledig lich in Beteuerungen ihrer gänzlichen Machtlosigkeit nach jeder Seite hin gegen welche ich unvorsichtig genug des mir von seiten des Königs von Sachsen ge gebenen Winkes bei ihr der mir gewährten Vergüns tigung wegen mich zu bedanken erwähnte Dies schien sie offenbar zu verdrießen und sie entließ mich unter sehr banalen Bezeigungen einer ziemlich gewöhnlichen Teilnahme Später sagte mir meine alte Freundin Alwine Frommann sie wisse nicht was der Prinzessin an mir mißfallen haben müßte vielleicht sei es meine sächsische Aussprache gewesen Für diesmal verließ ich somit das sonst so gepriesene Paradies von Baden ohne irgendeinen freundlichen Eindruck mit mir zu nehmen Erst am 28 März 1862 erfolgte die vollständige Amnestierung Wagners aber seine finanzielle Lage wurde bei aufwändigem Lebensstil immer misslicher auch weil eine Aufführung von Tristan und Isolde weder in Karlsruhe noch in Wien zustande kam Dies hatte seinen Grund nicht nur in der revolutionären Tonsprache die den Anfang der Moderne in der Musik markiert durch die Auflösung der Tonalität die Emanzipation des Or chesters und seiner unerhörten Harmonien und Klangfarben mit 40 R ic h a rd W a g n e r

Vorschau Festspielhaus-Magazin 2015 II Seite 40
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