251Individuelles Gesundheitsmanagement im Olympischen Nachwuchsleistungssport BISp Jahrbuch Forschungsförderung 2014 15 Athlet2 der beim Training einen Wachstumsfugenriss erlitt von dem Gefühl jetzt ist ALLES vorbei 3 und den quälenden Gedanken in den Monaten der Rehabilitation Ich dachte ob ich das überhaupt wieder SCHAFF Ob ich jemals wieder voll springen kann auch OHNE Angst und alles ob ich über haupt wieder auf den STAND komm auf dem ich davor war In unseren Analysen fragten wir auch nach den Entstehungsmechanismen derartiger Verletzungen Insbesondere die biografisch rekonstruktiven Analysen zeigen dass viele Krankheits und Verlet zungsepisoden eine längere Vorgeschichte des Verschweigens Bagatellisierens oder Nicht Wahr haben Wollens haben Schubring Thiel 2014a Schubring Mayer Thiel i V Von Seiten der Jugendlichen hat dies zum einen mit fehlenden Verletzungserfahrungen und dem alterstypischen Gefühl der Unverwundbarkeit zu tun aber oft auch mit hohen Ambitionen und dem Wunsch sich als leistungsstark zu zeigen Schubring Thiel 2014a Schnell Mayer Diehl Zipfel Thiel 2014 Allerdings tragen auch Erfolgserwartungen durch das Umfeld Kadernormen und Anforderungs profile der Sportarten dazu bei dass jugendliche Athletinnen und Athleten oftmals dysfunktionale Bewältigungsstrategien im Umgang mit Schmerzen und Verletzungen in der Wachstumsphase ent wickeln Schubring Thiel 2014b Beispielsweise erklärt eine 16 jährige Athletin die zunächst nicht ihre chronischen Kniebeschwerden verschwieg und dann schließlich mehrere Wochen nicht mehr trainieren konnte Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen dass ich nicht trainier und alle andern dafür trainieren Hatte ich SCHON OFT man hat schon ein schlechtes Gewissen Was denkt n jetzt der TRAINER Man ist NUR verletzt Schubring Thiel 2014a Konkret konnten im kontrastierenden Vergleich der Einzelfälle typische Bewältigungsstrategien identifiziert werden Mehrheitlich versuchten die betroffenen Athletinnen und Athleten Wachs tumsprobleme durch verstärkte Körperkontrolle Selbstdisziplin oder Zusatztraining in den Griff zu bekommen Der im Leistungssport vorherrschende riskante Umgang mit der eigenen Gesundheit ist also bereits im Nachwuchsbereich verbreitet und es fehlt Nachwuchsathletinnen und athleten an alternativen Handlungsstrategien Nur wenige scheinen in der Lage beispielsweise mit Trainerinnen und Trainern selbstinitiiert über Belastungsgrenzen zu sprechen Schubring Thiel 2014b Hier liegt Handlungsbedarf vor denn die Definition der Belastungsgrenze von Nachwuchsathletin nen und athleten stellt für Trainerinnen und Trainer ein berufsspezifisches Handlungsproblem dar das komplex schwer lösbar und extrem folgenreich ist Schubring Bub Thiel 2014 So ist es einer seits die Aufgabe der Trainerin des Trainers den Sportler an die HÖCHSTleistung heranzuführen Dafür muss man AN die Grenze aber auch teilweise ÜBER die Grenze gehen Stützpunkttrainer Anderseits müssen Trainerinnen und Trainer kontinuierlich abwägen Kann ich jetzt noch WEITER gehen oder nicht Co Bundestrainer Bei diesen Überlegungen spielt nicht nur die Konstitution eins Athleten einer Athletin oder die Trainings und Wettkampfphase ein Rolle sondern auch Mann schaftsinteressen struktureller Erfolgsdruck und die Vertragssituation in der sich Nachwuchstraine rinnen und trainer befinden Im systematischen Vergleich zeigte sich dass sich die Vorstellungen der untersuchten Trainerinnen und Trainer über die Belastbarkeitsgrenze von Nachwuchsathletinnen und athleten sowohl zwischen Trainerinnen bzw Trainern als auch intra individuell stark unter scheiden Ausschlaggebend dafür wie hoch Nachwuchsathletinnen und athleten belastet werden sind mehrheitlich nicht objektive physiologische Parameter sondern Wissensbestände und Trai ningsphilosophien von Trainerinnen und Trainern Umfeldinteressen sowie strukturelle Zwänge im Leistungssport ausführlich siehe Schubring Bub Thiel 2014 2 Aufgrund der den Studienteilnehmerinnen und teilnehmern zugesicherten Anonymität können bei den Zitaten im Text keine weiteren identifizierenden Personenmerkmale genannt werden 3 Die im Zitat großgeschriebenen Worte kennzeichnen Betonungen des Sprechers

Vorschau Jahrbuch 2014/15 Seite 252
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.