automotiveit Ausgabe 1-2/2013 Seite 43

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Inhalt

 Elektronische Wagenbegleitkarte Produktion und Logistik      43 automotiveIT 01 02 2013 Früher wurde der so genannte Bauschein auf Papier ausge druckt In der Größe eines Badetuchs auf die Karosserie des unfertigen Autos gespannt enthielt er die kodifizierten An weisungen an die Montagearbeiter welcher Motor welches Getriebe welche Sonderausstattung in das Fahrzeug einzu bauen sind all diese Dinge Die immer größere Variantenviel falt führte das System allmählich an seine Grenzen Der Bau schein wurde im Lauf der Jahre immer komplexer erinnert sich Siegfried Schmidtner Leiter der Fertigung für die Modelle A3 und TT Mit den Bögen wuchs auch die Komplexität der zugehörigen IT bis zu den Grenzen der Beherrschbarkeit Der Treibsatz für diese Entwicklung ist die Derivatisierung der Fahrzeuge Am Ende waren mehr als 400 Rechner in die Ab läufe am Fließband involviert mit allen negativen Folgen für Handhabbarkeit und Flexibilität Zeit für den Umstieg fanden die Manager des Unternehmens Zeit für eine elektronische Version des Bauscheins Wir wollten deutlich an Geschwin digkeit gewinnen Und wir wollten entschieden mehr Prozess flexibilität erläutert Andre Ziemke bei Audi zuständig für IT Services Der Prozess und die Bedürfnisse der Mitarbeiter an der Fertigungslinie sollten im Vordergrund stehen so Ziemke Daran hat sich die IT orientiert nicht umgekehrt Bei der Entwicklung und Einführung der elektronischen Wagenbe gleitkarte waren alle betroffenen Abteilungen involviert Im Prinzip war das ein gigantisches Change Management Pro jekt erinnert sich Ziemke Mit dem Anlauf der Montage des neuen A3 hat Audi das neue Manufacturing Management System in die Serienferti gung eingeführt Wir haben die Komplexität für die Mitarbei ter deutlich reduziert die Verfügbarkeit ist deutlich besser erklärt Schmidtner Dass die Bögen jetzt nicht mehr ausge druckt werden sondern virtuell mit den Fahrzeugen durch die Fertigung wandern ist nur die augenfälligste Manifestation des Projekts Die Mitarbeiter an den Fließbändern müssen jetzt nicht mehr dutzende verschiedene Codes auswendig lernen sondern sehen am Bildschirm was in jedem Arbeitsschritt zu tun ist Virtuelle Terminals implementiert auf PCs oder auf speziellen Tablet Computern entlang der Fertigungslinie lei ten die Monteure beim Zusammenschrauben des Autos an und geben je nach Bedarf auch visuelle Unterstützung sie zeigen etwa wie der Mitarbeiter am Band das richtige Lenkrad kor rekt verbaut Der Bildschirm weist auch auf Arbeitsschritte hin bei denen besondere Sorgfalt angezeigt ist Ist das Teil mon tiert so wird der Fertigungsschritt auf dem Terminal quittiert Der Kollege in der nächsten Station schaut dann noch einmal nach ob die richtigen Teile eingebaut und auch korrekt mon tiert sind Daraus ergibt sich eine inhärente und vor allem zeit nahe Qualitätskontrolle Alle Geräte sind online Sogar die elektromotorisch betrie benen Schrauber der Montagearbeiter sind per WLAN mit dem System vernetzt das penibel die Anzahl der Schraubvorgänge die Drehmomente und sogar die Winkelstellung der Schrauben erfasst Diese Echtzeitdaten bilden dann die Grundlage für die Qualitätsüberwachung Früher mussten die Mitarbeiter jeden Arbeitsgang auf einem Formular abhaken erklärt Peter Hoch holdinger Leiter der Fertigung für die Modelle A4 A5 und Q5 Die Dokumentation lief über Papier Und vor allem wurde sie erst am Ende der Fertigungslinie eingelesen und überprüft Stunden nachdem das Auto gebaut wurde Die elektronische Fahrzeugakte vermerkt jeden Prozessschritt unmittelbar nach der Ausführung und macht das gesamte System damit echt zeitfähig mit enger Anbindung an die ERP Ebene Um den kontinuierlichen Fortgang der Montage zu gewährleisten wer den einige zeitaufwendigere Montageschritte entkoppelt und neben dem eigentlichen Montageband in so genannten Su permärkten angeordnet Die Mitarbeiter dort sind umgeben von Regalen mit dutzenden von Boxen in denen Fahrzeugteile auf ihre Montage warten Der Computer signalisiert über das an jeder Box angebrachte Lämpchen welches Teil als nächstes aufgepresst angesteckt oder eingeschraubt wird Pick to Light nennen Produktionsfachleute diese Art der Benutzerführung Alle Supermärkte sind über virtuelle Clients mit dem Steuer rechner vernetzt so dass das System jederzeit weiß wie viele Bauteile an jeder Station vorhanden sind genau wie die Wa renwirtschaftssysteme in echten Supermärkten So konnten vorhandene Redundanzen beseitigt und die Teilelogistik ent sprechend gestrafft werden Die neue Montagesteuerungssoftware Lieferant ist die Kon Cept Gruppe hat die IT Landschaft in der Ingolstädter Fer tigung dramatisch vereinfacht Wo früher mehr als 400 Rech nersysteme mehr oder weniger nebeneinanderher arbeiteten reichen heute weniger als 100 Systeme die aber in Echtzeit miteinander verzahnt sind Ergebnis ist eine bessere Funktio nalität und eine höhere Flexibilität in der Produktion Gefertigt werden nach dem neuen Verfahren erst einmal die Modelle A3 A4 und Q5 Bereits jetzt verzeichnet Audis Ferti gung ein erhebliches Plus an Managementfähigkeit und Agili tät Zudem so heißt es solle die neue Umgebung auch zu einer Senkung der Produktionskosten geführt haben Zahlen möchte man aber bei Audi dazu nicht nennen Natürlich ist der Karos senhersteller mit seiner Lösung kein Solodarsteller sondern Teil des Volkswagen Konzerns mit seinem weit verzweigten Netz von Marken und Fertigungsstätten So wie der Konzern bei seinen Produkten den Autos auf Baukastenlösungen setzt so tut er das auch bei der Informationstechnologie Konzern weit ist ein modularer Prozessbaukasten etabliert der die Prozesse standardisiert Entsprechend gibt es auch einen mo dularen IT Baukasten Die Fertigungssteuerung in Ingolstadt ist aus diesem Baukasten aufgebaut Gleichzeitig dient sie als Blaupause für den gesamten Konzern Das Modell in Ingol stadt ist der Konzernpilot für diese Fertigungssteuerung er läutert Hochholdinger Damit können wir im ganzen Konzern komplexere Modelle bei hoher Qualität fertigen Autor Christoph Hammerschmidt


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