Rudolf Pütz hat kein eigenes Büro sondern sitzt immer mittendrin Ein Homeoffice im Büro Bei Vitra ist alles denkbar italienische Designer das Citizen Office Der Grundgedanke war die strikte Trennung zwi schen hartem Arbeiten und schönem Leben aufzuheben Der eigentliche Ansatz bestand darin Leben und mehr Freude ins Büro zu bringen Daraus ist dann die Ausstellung im Vitra Design Museum entstanden In der Ausstellung gab es drei Installationen das nomadische Büro das wohnliche Büro und das vertikale Büro 1993 fand die Eröffnung statt Kurz darauf begannen wir die Ideen auch für unser Unternehmen konkret umzu setzen 2000 sind wir dann in unser eigenes Citizen Office eingezogen Wir wollten in offenen Räumen Menschen zusammenbrin gen Weit vor der eigentlichen Digitalisierung Erst danach kam die Phase in der sich durch Laptops und Handys auch die Arbeitsweisen änderten Wir waren da also der Zeit voraus muss man so sagen Oval Das war in den 90ern Und was bringt die Zukunft Rudolf Pütz Unsere Arbeitswelt wird immer schneller und komplexer Wir müssen Dinge einfacher verständlicher machen und wir sollten dafür sorgen dass die Menschen noch mehr zusammenkommen miteinander sprechen Je komplexer die Realität ist desto wichtiger ist es dass man sich austauscht Ebenso erleben wir in unserem täglichen Umfeld dass wir mit einer Selbstverständ lichkeit in einer Hotellobby oder am Flug hafen oder im Coworking Space arbeiten Dort finden wir ein etwas anderes Arbeits umfeld als normalerweise im Büro vor Und diese Art von öffentlichem Raum wird im Büro sicher stärker Einzug halten Ich habe gerade ein Unternehmen besucht das genau das macht Sie lösen ihre Kantine auf und verändern sie in eine große Campus Fläche mit vielfältigen Angeboten Das Bistro ist natürlich auch dabei Oval Werden viele von uns auch in Büros leben weil die Mieten immer teurer werden Rudolf Pütz Gemeinschaft wird noch wich tiger werden Und wir sehen ja auch dass es heute neben Coworking auch Coliving gibt was früher vielleicht die WG war Ich denke dass Coliving in einer Singlegesellschaft immer attraktiver wird Und diese Form des Zusammenlebens kann auch an eine Arbeits umgebung angedockt sein Vielleicht kommt die Branche irgendwann auf den Dreh und sagt Wir machen jetzt nicht nur Büros son dern entwickeln auch unsere kleinen Wohn räume Aber ich kann mir ebenso vorstellen dass es irgendwann die Gegenbewegung gibt und die Leute sagen Nein ich will bewusst wieder eine Trennung von Arbeit und Leben haben O Oval Wie weit schauen Sie selbst in Ihrem Unternehmen in die Zukunft Rudolf Pütz Vitra war schon immer Innova tionsführer weil wir stets versucht haben den Blick nach vorn zu richten Wir suchen uns die kreativsten Köpfe weltweit aus weil wir daran glauben dass sie die Antennen für die Zeit besitzen Dadurch sind viele Innova tionen entstanden wie zum Beispiel unser Alcove Sofa fürs Büro das 2006 mit Ronan und Erwan Bouroullec entwickelt wurde und heute ein Standard ist Wir beobachten das Geschehen die Ent wicklungen sehr genau haben Trendscouts die 250 Tage im Jahr weltweit unterwegs sind und sich Designer Architekturbüros ansehen aber auch Universitäten besuchen sowie sich mit neuen Formen des Arbeitens auseinandersetzen Oval Wie wählen Sie die Designer aus mit denen Sie zusammenarbeiten Rudolf Pütz Wir suchen Gestalter die eine eigene Handschrift haben von denen gibt es nicht allzu viele Bei vielen Produkten wird nicht nach einem Pflichtenheft ent schieden sondern durch einen konzeptionellen Diskurs und die Auseinandersetzung mit Ideen Wir nennen unsere Designer auch Autoren weil sie mit ihren Produkten eine Geschichte schreiben Kreativ und einzig artig Bestenfalls sogar entstehen Bestseller wie das oben erwähnte Alkove Sofa Es gibt nicht das Vitra Design sondern es gibt das Design der Autoren Ihr Ausdruck ist einfach klar emotional und organisch Jeder der Designer hat aber eine individuelle unterschiedliche Ausdrucksform Oval Gibt es eine Vitra Philoso phie Rudolf Pütz Die Idee des offenen Raumes entstand schon Anfang der 90er Im Rahmen einer Ausstellung für das Vitra Design Mu seum entwickelten Rolf Fehlbaum und drei Wie hoch ist zum Beispiel der Anteil an Mitarbeitern die flexibel unterwegs sind Brauchen diese Menschen überhaupt einen festen Arbeitsplatz Wie offen können wir Open Space gestalten Offene Arbeitsräume bedeuten ja nicht dass es keine Rückzugs orte gibt Oval Wie gehen Sie mit Bedenken gegen Großraum um gerade bei älteren Mitarbeitern Rudolf Pütz Es wäre utopisch zu sagen Du hast 100 Prozent hinter dir Ich bin der Meinung dass ein Unternehmen be stimmen muss wie gearbeitet wird und es keine demokratische Entscheidung geben sollte sondern erst einmal die Führung wis sen sollte wie die Arbeit organisiert sein soll Natürlich müssen dann essentielle Fragen geklärt werden Was für einen Arbeits platz habe ich Wie kommunizieren wir miteinander Wie wollen wir miteinander arbeiten Wie viel Platzbedarf haben wir eigentlich Welche funktionalen Anforde rungen richten wir an die Fläche Oval Welches sind die größten Probleme Rudolf Pütz Das größte scheint die Akustik zu sein Über Open Space hören wir immer wieder Ich kann mich nicht konzentrieren Gerade die Besucher unserer Zentrale in Weil am Rhein merken jedoch wie einfach sich das Akustikproblem dank sorgsamer Raumplanung im Großraum lösen lässt Oval Ist es schwieriger ein älteres Unternehmen zu beraten als zum Bei spiel Start ups die voller Elan sind und ihre eigenen Strukturen noch suchen Rudolf Pütz Je größer ein Unternehmen ist desto schwieriger ist es Privilegien die sich Mitarbeiter erarbeitet haben zu verändern das Eckbüro den Parkplatz vor dem Haus etc Veränderung finden alle gut solange sie nicht selbst davon betroffen sind Ich bin jetzt 15 Jahre dabei und kann sagen dass der erfolgreiche Mittelstand die Vorteile des offe nen Arbeitens schon sehr früh erkannt hat MULTI SPACE s 16 190919 Oval Nr1 210x285 8 1 indd 16 02 10 19 11 40

Vorschau Oval Nr.1 Seite 16
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.