buergerzeitung2014nr9 Seite 16

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Seite 16 bürgerzeitung Nr 9 November 2014 Stadt und Schulbücherei Klug und hartnäckig sind sei ne märchenhaften Helden und seine Erzählfreude zaubert den Zuhörern ein Lächeln auf die Lippen Der Geschichtener zähler und Autor Salim Alafe nisch entführte sein Publikum in die Nacht der Wünsche Eingeladen hatten den Meister der orientalischen Erzählkunst die Buchhandlung Fischer und die Bücherei gemeinsam um mit ihm einen der Höhepunkte des Gunzenhäuser Märchen festes zu feiern Büchereileite rin Carolin Bayer eröffnete den Abend der der Kunst des Ge schichtenerzählens gewidmet war Im Fastenmonat Ramadan gibt es eine besondere Nacht wer in dieser Nacht alles verkehrt herum sieht dem wird Allah drei Wünsche erfüllen Doch man muss sich schnell ent scheiden mahnt der Erzähler Alafenisch und rät Am bes ten seine Wünsche immer bei sich tragen Solche Aussa gen bergen die Weisheit des weltweiten Märchenschatzes enthalten grenzübergreifen des Menschheitswissen oder können auch als Ratschläge für ein gesundes psychisches Gleichgewicht verstanden werden Der Erfinder und Erzähler sol cher Geschichten Salim Ala fenisch ist der Sohn eines Beduinenscheichs aus der Negev Wüste Er studierte in Heidelberg und London So ziologie Ethnologie und Psy chologie Seit 41 Jahren lebt er in Deutschland Im Zelt seines Vaters und am Lagerfeuer der Beduinen hat ihn als Kind die morgenländische Erzählkunst geprägt die er als Autor und Erzähler mit dem heutigen Le ben der nun sesshaft gewor denen Beduinen und sogar mit der europäischen Erfahrungs welt zu vereinen versteht So erzählt er in der Stadt und Schulbücherei eine Legende aus dem Luzerner Hinterland Wer Zahnweh hatte wurde von Alters her einen Weg hin aufgeschickt an dessen Ende ein Baum stand In diesen sollte der Kranke hineinbeißen und schon wäre das Zahnweh verschwunden Generationen nahmen bei Zahnschmerzen diesen Weg und bissen in den Baum Als der Baum einging stellte man an seiner Stelle ein Kreuz auf Auch ins Kreuz wurde wundergläubig gebis sen sodass dies bald nicht mehr schön aussah Das Kreuz wurde erneuert und ein Schild aufgehängt Es ist verboten in dieses Kreuz zu beißen Der Beduine raubt aber er zahlt seine Schulden be richtet Salim Alafenisch und hat eine Geschichte von drei Dieben im Brautzelt parat Eine Geschichte länger als ein Kamelhals in der die so ziale Ader der Beduinen Die be deutlich wird Wer Mehl stiehlt lässt eine Notration für das Frühstück der Kinder der Bestohlenen zurück die Beute wird zuhause redlich unter al len aufgeteilt Als einen Mittler zwischen Ori ent und Okzident sieht sich Salim Alafenisch und er be schreibt worin er seine gestell te Aufgabe sieht Ich möchte die Kulturen verbinden und zusammenbringen Die Er zählerin der Märchen aus 1001 Nacht Scheherazade übte auch auf den modernen Mär chenerzähler Alafenisch eine große Faszination aus Nur die Tatsache dass sie sich am Ende dem grausamen Herr scher doch zu Füßen wirft und ihr Schicksal in dessen Hände legte nachdem sie ihn doch so lange mit ihren Märchen in ihrer Macht gehabt hatte das versteht Alafenisch nicht Des halb hat er mit der Märchen heldin Zahra eine wirklich star ke Frau geschaffen Als leider ewig aktuelle politi sche Fabel lässt sich die Ge schichte Das Kamel mit dem Nasenring verstehen Hier verarbeitet Alafenisch die Er fahrungen eines Wüstenvol kes dessen Stammesgebiet von drei Grenzen umschlossen ist Den Kamelen Eseln und Ziegen soll beigebracht wer den Grenzen zu respektieren Ein letztlich lächerliches Unter fangen denn die israelisch jor danische Grenze interpretiert ein Kamel das zu den saftigen Artischockenherzen gelangen möchte hartnäckig als eine lä cherliche Reihe weiß bemalter Steine Die Frage eines Zuhörers wie Alafenisch den israelisch pa lästinensischen Konflikt sehe hebt er ein wenig ratlos die Hände Nur wenn die Kon fliktparteien erkennen würden dass sie solange diese Aus einandersetzungen anhalten alle als Verlierer dastehen könne es ein Hinarbeiten auf eine Lösung geben Um Aufeinandertreffen von traditionellem Nomadenleben und moderner Technik geht es in der kleinen Episode vom ersten Radio das im Zelt sei nes Vaters aufgestellt worden war Sobald das Radio eintraf verabschiedete sich die Ruhe berichtet der Erzähler Von früh bis spät kamen neugierige Be sucher um dem neuen Wun derding zu lauschen Spät in der Nacht musste dann sein Vater der Scheich alle hinaus komplimentieren Das Radio will schlafen gehen Für einige Zuhörer war Sa lim Alafenisch übrigens kein Unbekannter Vor 25 Jahren war er schon einmal im Café Baumgärtner zu Gast so erinnerte Carolin Bayer Buch händler Thomas Fischer dank te dem Erzähler Alafenisch und lobte seine Kunst Es duftet nach gewürztem Kaffee und frischem Fladenbrot Man wür de sich nicht wundern wenn draußen drei Kamele ange pflockt wären Am besten seine Wünsche immer bei sich tragen In Salim Alafenischs Geschichten findet sich Grenzen und Kulturen übergreifendes Menschheitswissen Buchhändler Thomas Fischer Salim Alafenisch und Büchereileiterin Carolin Beyer


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