bürgerzeitung Nr 4 Mai 2022 Seite 15 Damals Salomon Bernhard Bing Hop fenhändler in Memmelsdorf beabsichtigte 1853 seinen Wohnsitz nach Gunzenhausen zu verlegen In seinem Gesuch an den Stadtmagistrat vom 4 Januar begründete er diese Ab sicht u a damit meinen Wohnsitz in der Stadt Gunzen hausen zu nehmen allwo für meine Kinder die erwünschten Bildungsschulen vorhanden sind Ich wähle auch insbe sondere die Stadt wegen ihrer vorteilhaften Lage zum Einkauf des Hopfens wozu die dortige Umgebung und Gelegenheit bietet und wegen ihrer Lage an der Eisenbahn wodurch mir die Beförderung meines Hopfens sehr erleichtert Bing zu diesem Zeitpunkt in zweiter Ehe verheiratet und Va ter von fünf Kindern gab sein Vermögen mit 18 000 Gulden an Die Zustimmung des Ma gistrats zu seiner Aufnahme und sowie das Bürgerrecht er hielt er wenig später Berühmtestes Mitglied der Fa milie Bing ist der aus erster Ehe stammende Sohn Ignaz geboren 1840 in Memmels dorf Zusammen mit Bruder Adolf führte er ab 1863 einen Kurz und Manufakturwaren großhandel in Gunzenhausen Zeitgleich beantragte er die Mitgliedschaft im örtlichen Gesangverein Liederkranz welche die Vorstandschaft ohne Einwände beschloss Ignaz Bing der gerne dichte te schrieb für den Verein einen preisgekrönten Sängergruß Ohne Erfolg blieben allerdings seine Bemühungen um Auf nahme in die elitäre Casino gesellschaft Gunzenhausen zwei Jahre später die mit dem Vermerk weil Jude abgelehnt wurde Ignaz Bing vermutete dass diese Entscheidung auf Betreiben des hiesigen ein flussreichen Landrichters Her mann Richter zustande kam und veröffentlichte deshalb im Gunzenhauser Anzeige blatt einige Spottgedichte Damit bezog sich Bing unmit telbar auf die Tatsache dass Landrichter Richter als Enkel des bekannten Schriftstellers Jean Paul wiederholt mit Zei tungsinseraten Bücher aus dessen Nachlass zu veräußern suchte Ob die Ablehnung durch die Casinogesellschaft oder bes sere berufliche Aussichten ausschlaggebend waren ist unbekannt jedenfalls gingen Ignaz und Adolf Bing 1865 nach Nürnberg Dort eröffne ten sie zunächst einen Laden für Kurzwaren später ergänzt durch Metall und Galanterie waren Mit Entstehung des Deutschen Kaiserreiches 1871 erweiterten die Brüder konti nuierlich ihr Produktangebot an Metallwaren Ihr Absatz markt dehnte sich auf ganz Deutschland Europa und bis nach Amerika und Südafrika aus Anfang der 1880er Jahre errichteten die Bings die Nürn berger Metallwarenfabrik in der 220 Arbeiter unterschied lichste Haushaltsartikel bzw Blechspielwaren produzierten Dieser ersten Fabrikhalle folg ten noch weitere Produktions stätten und ab 1883 lag die Geschäftsleitung ausschließ lich bei Ignaz Bing der 1895 tausend Arbeiter beschäftigte und wegen seiner Verdienste mit den Titeln Königl Kom merzienrat bzw Geheimer Kommerzienrat geehrt wurde Eine intensive Beziehung pfleg te Ignaz Bing zur Gemeinde Streitberg in der Fränkischen Schweiz wo er ein Haus be saß und sich häufig zur Erho lung aufhielt Vielfach unter stützte er den Ort so stiftete er u a einen Brunnen die Volksschulbücherei bzw den Prinz Rupprecht Aussichtspa villon und forcierte die lokale Elektrifizierung Aus Dankbar keit verlieht ihm die Gemeinde 1903 die Ehrenbürgerwürde Wenige Jahre darauf gelang ihm die Entdeckung der nach ihm benannten Bing Höh le welche er planmäßig er schließen ließ sodass sie sich mit ihren Tropfsteinen von märchenhafter Schönheit in nerhalb kurzer Zeit zu einem touristischen Highlight der Fränkischen Schweiz entwi ckelte Die jüdische Unternehmerfamilie Bing aus Gunzenhausen Die Maschinenfabrik der Gebrüder Hagenah wurde 1901 von Emil Bing erworben Foto Stadtarchiv Gunzenhausen Bis zu seinem Tode 1918 in Nürnberg stand Ignaz Bing übrigens verheiratet mit einer Tochter des jüdischen Volks schullehrers aus Gunzenhau sen im engen Kontakt mit dem hiesigen Familienzweig in ers ter Linie mit seinem jüngeren Bruder Berthold Dieser war nach zeitweisem Aufenthalt und Ausbildung in den USA als erfolgreicher Geschäftsmann in der Altmühlstadt tätig han delte mit Hopfen Käse Speze reien oder Versicherungen und betrieb eine Gastwirtschaft Außerdem unterhielt er eine Verkaufsagentur für Original amerikanische Nähmaschinen der Firma Singer bzw der Amerikanischen selbstmes senden Petroleum Ölkanne The Queen Auch Berthold Bing war literarisch begabt und beteiligte sich als Mitglied der Gesangvereine Liederkranz und Sängerbund mehrfach mit eigenen Beiträgen Ein weiteres Familienmitglied der Ingenieur und Fabrikant Emil Bing erwarb 1901 die Hagenah sche Maschinen fabrik mit Schneidsäge und Lohmühle in der Hensoltstra ße die schon wenige Monate später einem verheerenden Brandunglück zum Opfer fiel Er ließ sich dadurch in sei nem unternehmerischen Ehr geiz nicht ausbremsen und erwarb Grundstücke an der Nürnberger Straße wo in der Folgezeit die Maschinenfabrik Bing entstand Dort wurden u a landwirtschaftliche Ma schinen Molkerei oder Brau ereianlagen produziert Die Erzeugnisse genossen einen ausgezeichneten Ruf sodass 1907 eine Dreschmaschine so gar an die bolivianische Stadt Cochahamba ausgeliefert wur de Mit dem Verkauf der Fab rik mitten im Ersten Weltkrieg endet auch die Geschichte der Unternehmerfamilie Bing in Gunzenhausen Text Werner Mühlhäußer

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