Seite 14 bürgerzeitung Nr 8 November 2021 Damals Zinnfiguren Bierkrüge Bier gläser mit Zinndeckel Zinn teller Tassen und Vasen schmückten noch in den letzten Jahrzehnten die Glasvitrinen Regalbretter und Schrankauf sätze in fast jedem Haushalt Inzwischen sind sie aus der Mode gekommen Die jungen Hausfrauen haben sie längst auf den Dachboden verfrach tet oder gleich entsorgt Das war vor zwei Jahrhunderten natürlich noch ganz anders Damals waren Zinnkrüge noch Ausdruck von bürgerlicher Wohlfahrt und die Zinngießer standen als Künstler unter den Handwerkern in höchstem An sehen Statistisch ließen sich noch vor hundert Jahren in Deutschland an die 250 Zinn gießer nachweisen heute gibt es in Bayern noch nur an die 20 aktive Betriebe Der letzte Zinngießer von Gunzenhau sen war Gottfried Himsolt Sein Sohn der Privatier Hans Himsolt hat nach rund vierzig Jahren jetzt seine Forschungen zum Zinngießerhandwerk in der Stadt abgeschlossen und in Gemeinschaft mit dem His torischen Verein für Mittelfran ken das Buch Gunzenhäuser Zinngießer herausgebracht Die Gunzenhäuser kennen Hans Himsolt als einen mit unter recht eigenwilligen Zeitgenossen der von seiner Forschungsarbeit überzeugt ist Das haben Archäologen genauso erfahren wie Archiva re Er hat eigene Grabungen vorgenommen um Zeugnisse römischer Besiedelung ans Licht zu bringen und er gilt als Experte in Sachen bemal Mit Akribie geforscht Hans Himsolt hat Zinngießer von Gunzenhausen dokumentiert ter Möbel in Südfranken Im Gunzenhäuser Stadtmuseum und im Freilandmuseum Bad Windsheim sind die Exponate zu sehen Als junger Bursche hat sich Hans Himsolt im väterlichen Zinngießer und Glaserge schäft der Großvater Karl hatte es 1886 in der Oettin ger Straße begründet in der Werkstatt seines Vaters aller hand abgeschaut Damals vor fast vierzig Jahren ist in ihm die Sammlerleidenschaft ent brannt die ihn nicht mehr los gelassen hat 1979 veröffent lichte er das erste Mal seine Forschungsergebnisse in der vom Verein für Heimatkunde herausgegebenen Jahrespub likation Alt Gunzenhausen Ergänzend dazu sind 1997 die Kirchenschätze von Dag mar Thormann und Werner Mühlhäußer sowie 2014 der Band Weißenburger Zinn gießer von Gernot Römhild erschienen Der Historische Verein für Mittelfranken hat jetzt einen Beiband zu den Mittelfrän kischen Studien herausge bracht der sich ausschließlich mit den Zinngießern befasst Dr Wolfgang F Reddig der Leiter des Ansbacher Markgra fenmuseums und Stadtarchi var spannt in einem längeren Beitrag den großen geschicht lichen Rahmen auf Er lobt das Druckwerk als erste übergrei fende kulturhistorische Betrach tung dieses metallverarbeiten den Handwerks in Franken vom späten Mittelalter bis in die Gegenwart Nürnberg als einer der wich tigsten Städte im Mittelalter hatte schon 1285 eine Zinn gießerzunft vor Lübeck Prag und Hamburg So ist es auch nicht verwunderlich dass es ein Nürnberger war nämlich Michael Apelt der 1654 im Bürgerbuch von Gunzenhau sen als Kannengießer er scheint Ähnlich wie bei den Gold und Silberschmieden waren seiner zeit nur die Zinngießermeister berechtigt eine Marke einge schlagenes Zeichen als Hin weis auf Herkunft und Qualität zu führen Zwar kamen schon 1793 erste Bedenken auf ob das Essen von Zinntellern nicht gesundheitsschädlich sei aber es dauerte dann noch mehr als hundert Jahre bis 1887 die Verwendung von bleihaltigem Geschirr in der Gastronomie gesetzlich verboten wurde Damals schon waren es die schwarzen Schafe die den anständigen Handwerkern das Leben schwer machten indem sie zuviel Blei und zu wenig Zinn verwendeten um so billiger sein zu können Peter Pals 1515 Jakob Herk hauser 1605 Hannß Müller 1618 Michael Apelt 1654 Johann Friedrich Vogtherr 1678 und Johann Philipp Messier 1731 waren so der Gunzenhäuser Sammler die ersten Zinngießer in der Stadt Es waren insgesamt 25 Viele der von Hans Himsolt erforschten 140 Zinngegen stände die er unter bestimm ten Auflagen der Stadt ver machen will befinden sich in seinem Eigentum andere sind in Privatbesitz Werner Falk Hans Himsolt Gunzenhäuser Zinngießer mit einem Vorwort von Dr Wolfgang F Reddig 248 Seiten erschienen im Selbstverlag des Historischen Vereins für Mittelfranken ISBN 978 96049 075 3 68 Euro Von dem Zinngießer Georg Leonhard Voelckel 1855 stammt diese Kaffeekanne aus Dittenheim Foto Hans Himsolt

Vorschau buergerzeitung_11_2021 Seite 14
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.