Seite 24 bürgerzeitung Nr 10 Dezember 2019 Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung Es sind aus heutiger Sicht schon kühne Szenarien die von Zukunftsforschern entworfen werden Schwebende Autos Mega Städte mit autonomem landwirtschaftlichen Anbau Schaufenster in denen man sich mittels ausgeklügelter Technik selbst in der ausgestellten Klei dung betrachten kann und Kühl schränke die sich eigenständig verriegeln wenn die mit ihnen vernetzte Waage im Bad zuvor festgestellt hat dass das Körper gewicht des Hungrigen einen nächtlichen Zugriff eigentlich nicht erlaubt Dr Bernd Flessner ist Zukunfts forscher und zwar ein sehr re nommierter In der Stadthalle skizzierte er beim jüngsten Ar beitgeber Arbeitnehmer Abend der Stadt Gunzenhausen vor mehr als 120 gespannt lau schenden Zuhörern Bilder wie das zukünftige Leben und Arbei ten aussehen könnte Unter der Überschrift Szenario 2035 schilderte er Perspektiven für morgen und zeigte auf wie das zukünftige Leben und Arbeiten angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und dem weiteren Vordringen künstlicher Intelligenz KI aussehen könnte Flesser tat dies auf sehr anschauliche und unterhaltsame Weise und lieferte genügend Gesprächsstoff für das anschließende Zusammentreffen der Gäste in ungezwungener Runde mit einem Imbiss und er frischenden Getränken Der 1957 geborene Göttinger Bernd Flessner hat ursprünglich Medienwissenschaften und Ge schichte studiert sich aber schon als Teenager mit einschlägigen Fragestellungen des zukünftigen Lebens beschäftigt Seit 2011 lehrt er als Zukunftsforscher am Zentralinstitut für Wirtschaftsre flexion und Schlüsselqualifikati onen an der Uni Erlangen Nürn berg Als Wissenschafts und Kulturjournalist schreibt er unter anderem für die Nürnberger Nachrichten Von Bürgermeister Karl Heinz Fitz und dem städtischen Wirt schaftsreferent Andreas Zuber willkommen geheißen schickte Flessner seinem Vortrag voran dass über Zukunft keine kon kreten Aussagen möglich sind allerdings sogenannte Möglich keitsräume entworfen werden können Zukunftsforscher arbei ten nach seinen Angaben nicht mit Prognosen Diese seien nicht zuverlässig und daher unseriös Dass Fachleute mit ihren Prog nosen schwer daneben liegen können belegte er mit einem Zitat von Microsoft Gründer Bill Gates der 1993 bei einer Team Konferenz seiner Firma verkündet hatte Das Internet ist nur ein Hype Es ist aber an ders gekommen stellte Flessner nüchtern fest Die Zukunftsforscher liefern Fless ner zufolge Orientierungs aber kein Faktenwissen Statt Progno sen würden aussschließlich Sze narien verwendet also Modelle möglicher künftiger Entwicklun gen Die Zukunft bleibt aber offen sagte er Sie sei auch von Zufällen abhängig auf die man keinen Einfluss habe Wesentliche Treiber der künfti gen Entwicklung sind für Flessner neben der rasant zunehmenden Digitalisierung die Entwicklung der KI genauso wie die Auto matisierung von Technologien die sich gegenseitig annäherten Alltag und Arbeit seien schon heute zunehmend wissens und technikbasiert und die Maschine werde immer mehr zum Part ner des Menschen Als Beispiel nannte er hier die zunehmende Sprachsteuerung von Geräten etwa beim Smartphone Wir haben einen beschleunigten Wirklichkeitswandel stellte der Referent fest Dieser bringe bei vielen Menschen Verunsicherung mit sich wecke auf der anderen Seite aber auch Hoffnungen Fest steht für Flessner dass sich die Produktionsweisen ändern werden Zum Internet gesellten sich zunehmend intelligente Maschinen hinzu die unterein ander vernetzt seien Im nächs ten Jahr bevölkerten rund 7 7 Milliarden Menschen die Erde aber es gebe bereits 200 Milli arden via Internet verbundene Produkte Waren Maschinen und Objekte Und die Automa tisierung schreite weiter rasend schnell voran Für Flessner zeichnet sich ab dass Produkte immer mehr indivi dualisiert und zusammen mit dem Konsumenten entwickelt werden Anbieter und Endverbraucher rückten hier immer näher zusam men Die industrielle 4 0 Produk tion so ein weiteres Szenario werde zudem ergänzt durch eine dezentrale Fabbing Techno logie das Ausdrucken dreidi mensionaler Gegenstände Dies sei auch im häuslichen Umfeld vorstellbar und werde von Air bus bereits heute bei über 1000 Dr Bernd Flessner rechts im Gespräch mit IHK Vizepräsidentin Erika Gruber Bürgermeister Karl Heinz Fitz und Wirtschaftsrefe rent Andreas Zuber von links Foto Erich Neidhardt Die Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch Bauteilen angewendet Fast alles lässt sich fabben sagte Flessner Mit Blick auf die Medien sieht er den sogenannten Roboterjour nalismus auf dem Vormarsch So sei bei einer unlängst statt gefundenen Tagung der Medien branche die Ausssage gefallen dass in wenigen Jahren rund 90 Prozent aller Nachrichtenbeiträ ge von Algorithmen konzipiert sein werden Ein weiteres Szenario der Zu kunftsforschung bezieht sich auf Assistenzsysteme wie Alexa Sie werden alle möglichen Aufträge übernehmen also re cherchieren organisieren bera ten kaufen anrufen das total vernetzte Smart Home steuern Medieninhalte vorschlagen oder auch das Taxi bestellen Den Zeithorizont 2039 im Vi sier sprach Flessner von einer KI Revolution mit unvorstellbar leistungsfähigen analogen Quantencomputern an denen übrigens bereits heute getüftelt werde Wir sind heute gerade erst beim Heißluftballon die ei gentliche Luftfahrt fängt erst an beschrieb er plastisch die künfti gen Dimensionen Alles ist mit allem definitiv vernetzt blickte Flessner 20 Jahre in die Zukunft Wir leben nicht mehr mit son dern in dem Computer be schrieb Flessner das Fortschreiten der Künstlichen Intelligenz Da ten würden nicht mehr nur zwi schen Menschen ausgetauscht sondern auch zwischen Objek ten Chips Rechnern und dies ohne das Zutun des Menschen Es sei sehr unwahrscheinlich dass sich diese Entwicklung auf halten lasse Betroffen seien alle Lebensbereiche von der Arbeit und der Freizeit über Leben und Wohnen bis hin zu Konsumieren und Produzieren Die Energie so der Zukunftsforscher weiter lie fern in zwei Jahrzehnten Nano kraftwerke die Wind und Licht nutzen Moderne Technologie kann die Energieprobleme lösen Energie wird in Zukunft eher zum Abfallprodukt sagte er Und die wichtigste Ressource werde Kohlenstoff sein Die Robotik ist für Flessner die Schlüsselindustrie der Zukunft nicht nur bei der industriellen Produktion sondern beispiels weise auch daheim in der Küche Wie sich abzeichne sei die heu tige Form der Mobilität ein Aus laufmodell Schon jetzt werde an schwebenden Fahrzeugen ge forscht und der Mobilitätswandel bis 2039 weitgehend vollzogen sein Das Jahr 2050 anvisiert geht die Zukunftsforschung laut Flessner von einer permanenten Landflucht aus Von den dann die Welt bevölkernden 9 6 Mil liarden Menschen werden 6 4 Milliarden in Städten Megacitys genannt leben Der Referent trat Ängsten entge gen dass KI und Robotik in der Arbeitswelt vollständig den Men schen verdrängen werden Es brechen nicht alle Arbeitsplätze weg Arbeit wird es auch in 20 Jahren geben sagte er Fach leute seien nach wie vor gefragt Es entstünden neue Berufe dafür könne es in anderen Branchen eng werden Basis sei künftig das Mensch Maschine Team Die Devise für die Zukunft muss für Bernd Flessner lauten Ge stalten statt aufhalten Denn Was wir nicht gestalten ge stalten andere Es gelte Mo dernisierungsdefizite zu erken nen und zu beheben Flessner wünscht sich mehr Visionäre im eigenen Land Die Ausrichtung der Digitalen Transformation ist abhängig von unseren Zukunfts diskursen und wird geprägt von Utopien aber auch von Fantasie Defiziten stellte er ab schließend fest Veränderungen begünstigten nur den der darauf vorbereitet sei Gestalten Sie den Wandel mit lautete sein abschließender Appell an die Gäste ERICH NEIDHARDT

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