bürgerzeitung Nr 5 Juni 2018 Seite 17 Stadt und Schulbücherei Kein Radio kein Fernsehen kein Internet auch in früheren Zeiten waren die Menschen dennoch begierig nach Sensa tionen Kuriositäten und Ner venkitzel Zur Kirchweih und zu den großen Jahrmärkten begeisterten Schaubuden und Artisten in der Stadt ein großes Publikum von bis zu 2000 Men schen Stadtarchivar Werner Mühlhäußer hat anhand von 90 Zeitungsinseraten und dem Schriftwechsel der Schausteller mit dem Stadtmagistrat eine faszinierende Dokumentation der Vergnügungsgeschichte Gunzenhausens vornehmlich des 19 und 20 Jahrhunderts zusammengestellt Zu sehen ist die daraus entstandene Aus stellung Menschen Tiere Sen sationen bis zum 10 Juli in der Stadt und Schulbücherei Besonders der Schießwa sen und der Marktplatz wa ren schon vor Jahrhunderten geeignete Plätze um den Gunzenhäusern das Staunen beizubringen Einen Massen auflauf hat es wohl beim Auf tritt des Seiltänzers Heinrich Stark gegeben Dieser ließ in 21 Metern Höhe ein Stahlseil vom damaligen Schulhaus heute Sparkassengebäude quer über den Marktplatz spannen und zeigte seine Ar tistenkunst Angekündigt als Höhepunkt Stark werde seine 89 jährige Großmutter über das Seil tragen Eine weitere Artisten Dynastie die Zirkusfamilie Knie war ebenfalls im 19 Jahrhundert in Gunzenhausen zu Gast Friedrich Knie der Gründer sollte nach dem Willen seines Vaters Rechtsanwalt werden doch nach einem Zirkusbesuch entschloss er sich selbst als Hochseilartist aufzutreten und gründete so einen bis heute bekannten Zirkus Mit der exotischen Tierwelt kamen die Gunzenhäuser in Kontakt wenn beispielsweise die Menagerie Berg mit der größten wandernden Raub tier Ausstellung ein Gastspiel gab Gang und gäbe war es menschliche und tierische Ku riositäten zur Schau zu stellen Stadtarchivar Werner Mühlhäußer erläutert Carolin Bayer sein Ausstellungs konzept Copyright Babett Guthmann Menschen Tiere Sensationen eine Ausstellung des Stadtarchivs Gunzenhausen in der Stadt und Schulbücherei Kuriositäten lockten im 19 und 20 Jahrhundert die Massen Werner Mühlhäußers Konzept zur Vergnügungsgeschichte der Stadt Solche mitunter sehr fragwür digen Inszenierungen sind heute nicht mehr denkbar So präsentierten sich die drei Kolossalgeschwister aus Ost preußen oder die kleinsten Menschen der Welt mit Musik und Gesang Aus der Tierwelt gaben das Riesen Krokodil der kleinste Esel der Welt oder auch das russisch sibirische Wolfstheater sich die Ehre Doch nicht nur Kurioses auch der wissenschaftliche und tech nische Fortschritt zog die Zu schauer in Scharen an Werner Mühlhäußer hat im Stadtarchiv Schriftwechsel gefunden in denen ein anatomisches Mu seum mit Wachsmodellen von Organen Körperteilen und deren krankhaften Veränderun gen sich ankündigten 48 Pro grammpunkte hatte die 1878 präsentierte mechanische Koh lengrube die den Abbau der Kohle samt Explosionen und Zusammensturz des Erdreichs zeigte Auch ein Tauchbecken wurde einst aufgebaut in dem ein Seetaucher aus Kiel einen Tauchgang demonstrierte Von der Jahrhundertwende bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts schlug die große Stunde der Varietés Ein Bewerbungsschrei ben des Grand noble Bavaria Varieté ist in einer der Aus stellungsvitrinen zu sehen In dem Schreiben empfiehlt sich das größte eleganteste Wan der Etablissement Europas für einen Auftritt in der Altmühl stadt Gerade diese Varietés nutzten auch die beiden großen Festsäle Gunzenhausens im Fränkischen Hof in der Bahn hofstraße oder im Gasthaus Adlerbräu wo bis zu 2000 Personen Platz fanden Weit zurück geht die Ge schichte der Vergnügungsun ternehmen die in Gunzenhau sen ihre Spuren hinterließen Den ältesten Eintrag auf Wer ner Mühlhäußers Liste bildet ein Gaukler der im Jahr 1603 vom städtischen Rat bezahlt wurde damit er einen Dra chen steigen lasse Kritisch be urteilt wurde im Jahr 1660 der Auftritt eines Komödianten der dennoch 24 Kreuzer als Salär erhielt obwohl dasjeni ge was gefallen gar schlecht gewesen war Der auf zwölf Trommeln spie lende Tambour Major das Lachkabinett für Kinder bis zu 80 Jahren fahrende Kunstmu seen mit großen Panorama Bil dern und Guckkästen oder die Planeten Tunnel Bahn würden vielleicht heute noch Anklang finden doch die große Zeit der Gaukler Varietés und Schaubuden endete mit dem Ausbruch des Zweiten Welt kriegs In der Nachkriegszeit gab es nur noch wenige Auftrit te denn übers Radio im Kino oder kurz später im Fernsehen konnten auch die Gunzenhäu ser ihre Lust auf Sensationen auf andere Weise stillen Menschen Tiere Sensationen ein Blick in die Gunzenhäuser Vergnügungsgeschichte vom 18 Mai bis zum 10 Juli Zu sehen zu den Öffnungszeiten der Stadt und Schulbücherei Gunzenhausen Weitere digi tale Bilder einzelner Exponate und Inserate gibt es auf Nach frage beim Stadtarchiv Gun zenhausen Telefon 508135

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