43 Dietrich Bonhoeffer hat das im Gefängnis in die berühmten Worte gefasst Nicht alle unsere Wünsche aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott Gewiss gilt für jedes Gebet im Licht der Bibel das Wort Jesu aus Gethsemane Nicht mein sondern dein Wille geschehe Lk 22 42 Aber im Vertrauen darauf dass Gott als ein liebendes Du Gebete hört und sich bewegen lässt kann ich ihn bitten um Veränderung um Heilung um Frieden Und weiß doch dass der Sinn des Gebetes noch in mehr liegt als einer gleichsam unmittel baren Erfüllung nämlich in einer tiefen Geborgenheit Im Gebet wird deutlich was die Existenz des Christenmenschen ausmacht Im Gebet ist der Betende außer sich in Gott Er ist aktiv und erlebt gerade so höchste Passivität indem er sich der Güte Gottes anver traut Ich schließe mit einer Geschichte die für mich in letzter Zuspitzung die nicht auflösbare Spannung von der denkerischen Klärung des Gebets und einer Haltung der Frömmigkeit im Gebet deutlich macht Sie stammt von Elie Wiesel dem Friedensnobelpreisträger der dem Tod im KZ nur knapp entronnen ist Wiesel traf im Konzentrationslager einen Talmud Lehrer Sie studier ten während der Arbeit Talmud und Midrasch die jüdische Überlie ferung aus dem Gedächtnis Eines Nachts rief der ältere Lehrer den jungen Wiesel und zwei weitere Rabbiner an sein Bett So trafen sie sich nachts mitten in diesem Lager Sie beriefen ein rabbinisches Tri bunal ein und beschlossen Gott anzuklagen in angemessener kor rekter Form wie es ein richtiges rabbinisches Tribunal tun soll mit Zeugen und Argumenten Jüdisch so Wiesel sei das möglich Gott anzuklagen Sie hielten ihm das entsetzliche Leiden der jüdi schen Menschen vor denen Gott nicht half Die Verhandlungen zogen sich lange hin Und schließlich verkündete mein Lehrer der Vorsitzender des Tribunals war das Urteil Schuldig Und dann herrschte Schweigen ein endloses ewiges Schweigen R E F L E X IO N

Vorschau Aufschlüsse Nr. 85 Seite 45
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