41 Spitzt man es so zu kann sich schnell der Gedanke ergeben dass Bitten an Gott entweder überflüssig oder sinnlos sind Wenn Gott überaus gut intelligent gerecht und weise ist um was sollen wir ihn bitten Wenn er überaus böse ist so gibt es für unser Leiden kein Gegenmittel ein solcher Gott würde über unsere Bitten spotten so formuliert es der französische Radikalaufklärer d Holbach Und berühmt ist die pointierte Ablehnung durch Immanuel Kant Das Beten ist ein abergläubischer Wahn denn es ist ein bloß erklärtes Wünschen gegen ein Wesen das keiner Erklärung der inneren Gesinnung des Wünschenden bedarf Dass ein Mensch mit sich selbst laut redend betroffen wird bringt ihn vor der Hand in den Verdacht dass er eine kleine Anwandlung von Wahnsinn habe Einzig ein Gebet das der eigenen moralischen Besserung dient kann Kant gelten lassen Ein Bittgebet dass auf Veränderung des Ganges der Welt und Erfüllung unserer Wünsche zielt lehnen daher auch große Theologen ab Schon Thomas von Aquin hat betont dass wir nicht beten um die göttliche Anordnung zu verändern Und auch Friedrich Schleiermacher macht klar Der Mensch kann durch das Gebet keine Einwirkung auf Gott ausüben indem sein Wille und Ratschluss durch dasselbe gebeugt wer de Das göttliche Wesen ist unveränderlich in ihm kann kein neuer Entschluss entstehen seitdem er zu sich selbst sprach es ist alles gut was ich gemacht habe Auch der diese Fragen theologisch sorgfältig beden kende Theologe Wilfried Härle kommt zu dem Ergebnis Das Gebet kann nicht den Sinn haben auf Gott einzuwirken um ihn zu veranlas sen etwas anderes zu tun als er ohnehin tut Ein so verstandenes Bittgebet wäre geradezu ein Akt des Unglaubens In dieser Linie kann das Für Bittgebet nicht das Ziel haben etwas an den tatsächlichen Umständen zu ändern Das Gebet zielt dann vielmehr darauf dass es den Beter innerlich verändert Kraft und neuen Mut ver leiht Es kommt pointiert gesagt dann in die Nähe einer auto the rapeutischen Meditation Diese Linie ist neuzeitlich unübersehbar R E F L E X IO N

Vorschau Aufschlüsse Nr. 85 Seite 43
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