Blickpunkt Politik muss schnell und nachhaltig handeln Der VDV Ausschuss für Wettbewerbs fragen des Eisenbahnpersonenverkehrs AWE hat sich intensiv mit den Folgen der Fernbusli beralisierung für den SPNV befasst Der Aus schussvorsitzende Jost Knebel NETINERA Deutschland nimmt im Interview Stellung Herr Knebel dreieinhalb Jahre nach dem Start ist die Fernbusliberalisierung wieder in aller Munde Grund ist der bevorstehende Bericht des Bundesverkehrsministeriums zu den bishe rigen Erfahrungen Was wissen wir heute was wir damals nicht gewusst haben Jost Knebel Die Fernbusliberalisierung war ganz klar ein Erfolg Das zeigen die steigenden Fahrgastzahlen Weniger erfolgreich waren die Bestimmungen um Beeinträchtigungen des SPNV zu vermeiden Hier sind doch erheb liche Verluste eingetreten Die Evaluierung bietet jetzt die Möglichkeit diese Schieflage zu beheben Für 2015 wird die Anzahl der Reisenden im Fernbuslinienverkehr auf 22 Millionen ge schätzt Verglichen mit dem SPNV ist das nicht viel Woher kommen die von der SPNV Branche beklagten Einbußen und wie hoch sind sie Knebel Die unmittelbaren Einnahmeausfälle durch Abwanderung betragen 50 bis 70 Millio nen Euro die in voller Höhe auf unsere Unter nehmensergebnisse durchschlagen da wir die Produktionskosten nicht senken können Das ist in unserem Ausschreibungs markt SPNV mit seinen geringen Margen eine ganz erhebliche Größen ordnung Gravierend sind darüber hinaus die mittelbaren Folgen Der Verdrängungswettbe werb im Fernbusbereich führt dort zu extrem niedrigen Fahrpreisen Darauf reagiert der Fernverkehr der DB mit günstigen Angeboten Beides verändert die Preiswahrnehmung der Kunden und bringt die Tarifangebote und die Erlöse auch im SPNV unter Druck Schließlich bilden die Fernverkehrspreise eine natürli che Obergrenze für die Preise im Nahverkehr Die Busbranche geht allerdings offenbar davon aus ausschließlich Neukunden zu befördern Der Bund Deutscher Omnibusunternehmen ar gumentiert der Fernbus habe der Schiene kei nen Fahrgast abgenommen Knebel Das stimmt in keiner Weise Empi risch belegte Marktanalysen wie zum Beispiel die des unabhängigen Instituts IGES spre chen eine deutliche Sprache Danach kamen bereits 2014 rund 44 Prozent der Fernbusnut zer von der Schiene und mindestens 14 Pro zent vom SPNV Andere Studien kommen zu noch höheren Verlagerungswerten Für ein zelne Relationen in Bayern wurde konkret er mittelt dass 42 Prozent der Fernbusreisenden direkt vom SPNV abgewandert sind In den Nah verkehrsnetzen hat das nachfragebe dingte Einnahmeverluste bis zu 20 Prozent zur Folge Die Fernbusliberalisierung beinhaltete bereits Vorkehrungen um den Fernbusmarkt und den SPNV voneinander ab zugrenzen Warum ist das notwendig Knebel Weil es sich um zwei völlig verschie dene Märkte handelt Der SPNV dient der Daseins vorsorge erfüllt einen öffentlichen Auftrag stellt Mobilität großräumig be rechenbar und langfristig sicher Und zwar auch dann wenn sich das aus Fahrgeldein nahmen allein nicht rechnet Weil das im Nahverkehr fast immer der Fall ist finanziert er sich zum Teil aus öf fentlichen Mitteln Dagegen soll der Fernbus ein Fernverkehrsangebot sein und muss als solches keinen öffentlichen Auftrag erfüllen Er muss auch keine Versorgungssicherheit bieten die Betreiber können sich ganz auf Verbindungen beschränken die sich für sie rentieren Anders als im Schienenverkehr müssen sie sich auf ihre Verkehrsangebote auch nicht langfristig festlegen Daher muss die Politik auch den Nahverkehrsmarkt ent sprechend schützen Sie fordern eine Vergrößerung des Mindesthal teabstands im Fernbusverkehr von 50 auf 100 Kilometer und ein Mitspracherecht der SPNV Aufgabenträger bei Genehmigungsanträgen für Fernbuslinien Besteht damit nicht die Gefahr die Fernbusbranche abzuwürgen Knebel Der Fernbus hat sich erfolgreich eta bliert und erweitert die Mobilitätsoptionen der Fahrgäste Das ist prinzipiell zu begrüßen Uns geht es allein darum dass sich der Fern bus auf den Fernverkehr konzentriert also auf das wofür er gedacht ist Die bestehenden Regelungen werden aber zum Teil unterlau fen zudem betragen die Reise weiten im SPNV heute häufig mehr als 50 Kilometer Der Fernbusmarkt wird ohne Zweifel auch ohne Mit nahmeeffekte aus dem SPNV wachsen Progno sen gehen von 30 Millionen Fahrgästen im Jahr 2020 aus Mit welchen Folgen rechnen Sie wenn SPNV und Fernbusverkehr nicht wirkungsvoller von einander abgegrenzt werden Knebel Mit dem dynamischen Wachstum des Fernbusmarkts wird sich das Problem weiter vergrößern Die Erlöseinbußen im SPNV füh ren in der Konsequenz entweder zu größerem Zuschussbedarf aus öffentlichen Kassen oder einem verschlechterten SPNV Angebot Das kann weder im Interesse der Fahrgäste noch im Interesse der Steuerzahler liegen Die Poli tik muss schnell und nachhaltig handeln Interview AWE Vorsitzender Jost Knebel fordert klare Abgrenzung zwischen SPNV und Fernbus Fo to B et ti na V ol ke Fo to F ot ol ia P et ai r SP N V F e rn bus RegioAktuell Ausgabe 2 16 5

Vorschau RegioAktuell 2/2016 #01 Seite 5
Hinweis: Dies ist eine maschinenlesbare No-Flash Ansicht.
Klicken Sie hier um zur Online-Version zu gelangen.