Im Labyrinth der Gesetze Als Arbeitgeber ist es nicht leicht sich im Dschungel der arbeitsrechtlichen Gesetze zurechtzufinden Noch keine Bundesregierung hat das im Einigungsvertrag gegebene Versprechen eingelöst ein in sich geschlossenes Gesetzbuch für alle arbeitsrechtlichen Regelungen zu schaffen Bedauerlicherweise gelang es bislang aber auch keiner Bundesregierung die vorhande nen Gesetze einer notwendigen Modernisie rung zu unterziehen oder gar sie der gülti gen Rechtsprechung des EuGH anzupassen Ein Arbeitgeber möchte beispielsweise einem 36 jährigen Arbeitnehmer kündigen der schon seit seiner Ausbildung also seit zwan zig Jahren im Betrieb ist Der Personalchef findet im BGB 622 die Kündigungsfristen Nach 622 Abs 2 BGB gilt bei einer Betriebs zugehörigkeit von zwanzig Jahren eine Kündi gungsfrist von sieben Monaten zum Ende des Kalendermonats Im selben Abschnitt steht aber auch dass die Zeiten die vor der Voll endung des 25 Lebensjahres liegen nicht zu berücksichtigen sind Damit sind nur elf Jah re Betriebszugehörigkeit bei der Ermittlung der Kündigungsfrist heranzuziehen also vier Monate zum Ende des Kalendermonats Der Arbeitgeber kündigt nach dieser Berechnung der Arbeitnehmer klagt und das Arbeitsge richt kommt zum Ergebnis dass der Arbeit geber mit der falschen Kündigungsfrist ge kündigt hat Das kann im ungünstigsten Fall dazu führen dass die Kündigung insgesamt unwirksam ist Vielleicht hat der Arbeitgeber aber Glück und seine Kündigung ist umzudeu ten und beendet das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der gesetzlich richtigen nämlich siebenmonatigen Kündigungsfrist Wie kann das sein Ganz einfach Der Europä ische Gerichtshof hat schon im Januar 2010 festgestellt dass die Regelung wonach Zeiten die vor der Vollendung des 25 Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen nicht zu berück sichtigen sind unwirksam ist da ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters vorliegt Die entsprechende Passage im Gesetz wurde mit einem Bannstrahl belegt und darf deshalb von den Gerichten nicht mehr angewendet werden Spezialisierte Juristen kennen natürlich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts hofs vom normalen Gesetzesanwender dürfen wir dies nicht erwarten Dennoch bleibt die Bundesregierung untätig und passt den Geset zestext nicht der durch den EuGH vorgegebe nen Rechtslage an Leider ist die Regelung zum Recht der Kündi gungsfristen kein Einzelfall Auch im Urlaubs recht trägt der Gesetzgeber durch Untätigkeit seinen Teil zum juristischen Verwirrspiel bei Die in 7 Abs 3 BUrlG enthaltene Klausel wonach nicht genommener Urlaub am Jahres ende spätestens am 31 März des Folgejahres ersatzlos untergeht gilt nicht mehr uneinge schränkt In zwei Urteilen vom 20 Januar 2009 und 22 November 2011 stellt der EuGH fest dass der Verfall des Urlaubs jedenfalls dann nicht in dieser Form erfolgen darf wenn ein Arbeitnehmer wegen Krankheit seinen Urlaub nicht nehmen konnte Auch in die Regelungen zum Massenentlas sungsverfahren 17 und 18 KSchG hat der EuGH korrigierend eingegriffen die Bundesre gierung verzichtet jedoch darauf die Korrektur auf nationaler Ebene nachzuzeichnen Erst wenn das Bundesverfassungsgericht spricht ist die Bereitschaft der Parlamentarier Gesetze anzupassen deutlich höher Fo to d ja m a Fo to lia c om 36 UNTERNEHMERSERVICE Der Mittelstand 1 2016

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