Um es gleich klarzustellen Die Heilung über das Internet ist Utopie Doch die Telemedizin kann diagnostische und therapeutische Verfahren ef fizienter und kostengünstiger gestalten Davon jedenfalls ist Rainer Beckers Geschäftsführer des Bochumer Zentrums für Telematik und Tele medizin überzeugt Eine Leistung die auch die Kassen bezahlen ist etwa das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz Relevante Vitalwerte wer den über telemedizinische Geräte erfasst und an ein telemedizinisches Zentrum übermittelt das dann je nach Befund Patient und behandelnden Arzt über Probleme informiert In ländlichen Regionen mit alternder Bevölkerung und gerin ger Arztdichte kann diese Datenfernübertra gung lebensrettend sein Die demographische Entwicklung macht auch eine bessere Wund versorgung bei alten gebrechlichen und immo bilen Patienten schwieriger Telemedizinisches Wundmanagement kann etwa durch den Trans fer von Fotos die Heilung beschleunigen und da mit Kosten einsparen Auch private Unternehmen mischen im neuen Markt mit KLARA ist ein Berliner Start up auf dessen Plattform User Fotos von Enzymen oder Leberflecken hochladen können KLARA liefert eine Begutachtung und erteilt Ratschläge In weitaus größerem Maßstab operiert das Schwei zer Unternehmen Medgate das seit 15 Jahren telemedizinische Dienstleistungen anbietet Di agnosen medizinische Betreuung und Behand lungspläne über Internet und Telefon rund 4 5 Millionen seit dem Jahr 2000 Ein Muster von dem Deutschland viel lernen kann so Beckers Unnötige Hürden Doch was in der Schweiz rechtens ist stößt hier zulande auf Bedenken Paragraph 7 der ärztlichen Berufsordnung schreibt eine face to face Begeg nung zwischen Arzt und Patient vor Fernbehand lungen sind verboten So bewegen sich also tele medizinische Dienstleister in einer rechtlichen Grauzone Entsprechend zurückhaltend sind die gesetzlichen Krankenversicherungen Gemein sam mit der kassenärztlichen Bundesvereinigung haben sie lediglich eine Rahmenvereinbarung geschaffen die jedoch keine konkreten Leistun gen auflistet Auch das von Bundesgesundheits minister Gröhe zuletzt im Januar angekündigte eHealth Gesetz liegt nicht vor Beckers wünscht sich eine Zusammenarbeit zwischen Kassen und Leistungserbringern um Versorgungsformen die durch neue telemedizinische Technologien unter stützt werden zu entwickeln Doch die Hürden liegen nicht nur bei Kassen und Verbänden Das deutsche Recht verlangt dass jedes therapeutische Verfahren jede me dizintechnologische Innovation wissenschaft lich auf Wirksamkeit hin überprüft wird Das Standardverfahren dieses wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweises ist die randomisierte kontrollierte Doppelblindstudie mit ihren hohen Anforderungen für Produkte etwa der Pharmain dustrie ein probates Mittel wie Beckers gerne zugibt Aber dieses Studiendesign aus der Phar maforschung kann man auf die Telemedizin nicht anwenden Bei der Einnahme eines Medikaments kann es um Leben und Tod gehen das ist bei der Telemedizin anders Die Evaluationskriterien zur Anerkennung neuer Leistungsformen legt der Gemeinsame Bundesausschuss G BA das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland fest Beckers for dert vom Gesetzgeber eine liberalere und prag matischere Evaluationsmethode schließlich steuern die Urteile des G BA auch die Vergabe von Mitteln aus dem Investitionsfonds Im Mo ment aber wird Innovation ausgebremst Eine mittelständische Branche Das trifft auch und gerade viele KMU Deutsch land ist der größte Hersteller von Medizintech nik in Europa die Branche ist neben einigen Großunternehmen überwiegend mittelständisch Heilung aus der Ferne Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche Auch vor dem menschlichen Körper macht die moderne Informationstechnologie nicht Halt Chance oder Gefahr Ein Einblick in die Telemedizin als mittelständischer Wirtschaftsfaktor In ländlichen Regionen kann Datenfernübertragung lebensrettend sein 40 UNTERNEHMERSERVICE Der Mittelstand 1 2015

Vorschau Der Mittelstand. 1|2015 Seite 40
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