Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer zeigt in welch schwieriger Situation sich der Staat bei der Erbschaftsteuer befindet Dass das Gericht kurz vor Weihnach ten entschieden hat die Verschonungsregelung für Mittelständler sei grundsätzlich gerechtfer tigt ist ein Lichtblick Viele Experten hatten mit einem höchstrichterlich angeordneten Ende der Verschonungsregelung gerechnet Vor allem für die 135 000 Unternehmen bei denen in den nächsten vier Jahren der Generationenübergang ansteht wäre das existenzgefährdend gewesen Betriebsverlagerungen Entlassungen oder der Verkauf bislang familiengeführter Unternehmen wären vielfach die Folge gewesen Das Urteil ist im Kern zwar mittelstandsfreund licher ausgefallen als erwartet dennoch hat es große Rechtsunsicherheit für Unternehmen mit sich gebracht Solange sich die Politik nicht auf eine gemeinsame Linie geeinigt hat ergeht jeder Erbschaftsteuerbescheid weiterhin nur vorläufig Die Richter haben dem Gesetzgeber ausdrücklich Spielraum beim Umgang mit zukünftigen Erbfäl len eingeräumt Ein Vertrauensschutz und somit die Berufung auf das noch geltende Recht gilt laut Urteil nicht Längstens währt diese Unsicherheit bis zum 30 Juni 2016 bis dahin hat der Gesetz geber Zeit für die Neuregelung Sollte dies nicht gelingen entfällt die Steuer ersatzlos Die nun anstehenden Verhandlungen sind fast schon geübte Praxis Mit der Entscheidung vom 17 Dezember vergangenen Jahres hat das Bun desverfassungsgericht bereits zum dritten Mal nach 1995 und 2006 das jeweils geltende Erb schaftsteuergesetz kassiert Auf jede dieser Ent scheidungen folgte eine langwierige politische Debatte über Sinn und Zweck der Steuer Auch jetzt werden vereinzelt Rufe nach einer drastischen Erhöhung der Steuersätze laut Die nen soll diese massive Umverteilung von produk tivem Betriebsvermögen der Chancengleichheit innerhalb der Gesellschaft Was oftmals bei dieser Diskussion unter den Tisch fällt ist die Tatsache dass die Umverteilung durch Steuern und Trans fers in Deutschland funktioniert Laut OECD liegt Deutschland bei der Einkom mensungleichheit nach Steu ern und Transfers unterhalb des OECD Durchschnitts Die Sozialleistungen be trugen in den vergangenen Jahren konstant rund ein Drittel oder 812 2 Milliarden Euro 2013 des Bruttoin landsprodukts Damit wurde prozentual doppelt so viel umverteilt wie in den 1950er Jahren Schaut man über den deutschen Tellerrand stellt man fest dass Länder wie Schweden Österreich Australien Kanada oder Israel mittlerweile auf die Erhebung der Erbschaftsteuer verzichten In unseren Nachbarländern Polen Dänemark Luxemburg und den Niederlanden wird bei Kin dern und Ehepartnern ebenfalls keine Steuer fällig Im Jahr 2013 lag das Aufkommen aus Erb schaften und Schenkungen die Erbschaftsteu er gilt analog auch bei Schenkungen bei 4 63 Milliarden Euro Dabei nicht eingerechnet sind die hohen Erhebungskosten die auf staatlicher sowie betrieblicher Seite anfallen Damit trägt die Erbschaftsteuer weniger als ein Prozent zum Erbschaftsteuerreform Warten auf den mutigen Schritt Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer ist mittelstandsfreundlicher ausgefallen als erwartet Dennoch lauern viele Fallstricke gerade für größere Mittelständler Deshalb kann die Konsequenz nur heißen vollständige Abschaffung der Erbschaftsteuer Matthias Schweiger BVMW Statt einer abermaligen Reform der Reform sollte sich der Gesetzgeber zu einem mutigen Schritt entschließen und die Erbschaftsteuer ersatzlos abschaffen 12 POLITIK Der Mittelstand 1 2015

Vorschau Der Mittelstand. 1|2015 Seite 12
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