Editorial Hoffen auf bessere Zeiten Michael Harms Vorstandsvorsitzender der Deutsch Russischen Auslandshandelskammer Lassen Sie mich die positiven Nachrichten direkt an den Anfang stellen Nach wie vor sind 6 000 deutsche Unternehmen direkt in Russland im Geschäft die in ihrer überwältigenden Mehrheit von der langfristigen hohen Attraktivität des russischen Marktes überzeugt sind In einigen Branchen ist der Markt aktuell ein Käufermarkt weil ein schwacher Rubel hohe Kreditzinsen schlechte Re finanzierungsmöglichkeiten und mangelnde Nachfrage die Preise für Mergers Acquisitions haben deutlich sinken lassen Einige deutsche Firmen stoßen in diese Lücken Die gleichen Umstände jedoch ergänzt um einen niedrigen Ölpreis die beiderseitigen Sanktionen eine rezessive Wirtschaftsentwicklung und hohe Inflation haben dazu geführt dass der Markt schwieriger geworden ist In einer aktuellen Umfrage der Deutsch Russischen Auslandshan delskammer AHK gibt es kein einziges Unternehmen das eine positive wirtschaftliche Entwicklung für 2015 vorher sieht Generalisierend kann man von einer Überwinte rungsstrategie der Wirtschaft sprechen Der Hoffnung auf wieder bessere Zeiten Gleichzeitig sind die Firmen wie in allen anderen Umfragen der Jahre 2014 15 zuvor zu drei Vierteln der Meinung dass Wirtschaftssanktionen politisch weitestgehend wirkungslos sind Je nach Herkunft der Zahlen wird mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr von zwischen drei und fünf Prozent gerechnet Auch für nächstes Jahr fallen die Prognosen sehr verhalten aus Die Unternehmen nutzen die Zeit intensiv für strukturelle Anpassungen strategische Neuausrichtung und wo sinnvoll und möglich die Planung künftiger lokaler Fertigung Damit reagieren die Firmen auf die russische Politik die in der Lokalisierung und der Importsubstitution den idealen Weg aus der Ab hängigkeit von Exporten und für den Know how Transfer nach Russland sieht Ein Gesetz garantiert denjenigen Unternehmen die sich zu einem solchen Schritt entschlie ßen umfangreiche Vergünstigungen Was jedoch noch mehr ins Gewicht fällt ist die Anerkennung als russischer Hersteller und damit die Gewähr gleichberechtigt an staatlichen Ausschreibungen teilnehmen zu können Der Staat ist augenblicklich einer der größten und solventen Auftraggeber Die Grenzen dieses freien Marktzugangs setzt allerdings ein stärker werdender Protektionismus der trotz gleicher Leistung im Zweifel das russische Unterneh men bevorzugt Eine zweite Generallinie der russischen Politik sieht die stärkere Einbindung Russlands in asiatische Strukturen vor Besonders die Partnerschaft und Freundschaft mit China wird augenblicklich propagandistisch überhöht Diese Entwicklung führt zur stärkeren Integration in Organisati onen wie der Shanghai Cooperation Organization der New Development Bank gemeinsamen Wirtschaftsprojekten In vielen Bereichen konkurrieren beide Länder jedoch mehr als sie kooperieren Das chinesische Projekt der neuen Seidenstraße steht in direkter Konkurrenz zum russischen Engagement in Zentralasien der Eurasischen Wirtschafts union China sieht in Russland eher das hohe Potential an Rohstoffen wie der geplante Bau zweier Gasleitungen zeigt Die Zukunft wird zeigen ob Russland auch als stra tegischer Partner bei der eigenen Wirtschaftsentwicklung Chinas gesehen wird Die Erfahrungen mit chinesischen Lieferanten und Partnern als Substitut zu europäischen deutschen Firmen lassen jedoch vermehrt den Wunsch nach einer Rückkehr zu alten Partnern wachsen Hier ergeben sich bei umsichtigem und klugem Han deln Möglichkeiten wieder ins Gespräch mit russischen Partnern zu kommen Eine vorsichtige Annäherung ist von russischer Seite auch spürbar wenngleich die jüngsten Verlängerungen der Sanktionen den Spielraum begrenzen Die vorliegenden Interviews zeichnen denn auch ein Bild zwischen Hoffen und Bangen Die AHK als Brückenbauer Moderator und Anlaufstelle unternimmt deshalb auch jeden Versuch den Gesprächsfluss aufrecht zu erhalten und das derzeit Mögliche zu fördern

Vorschau AHK 100 Fragen 2015 Seite 3
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