16 Neues aus dem Flääge Gewährung meines sehnlichsten Wunsches 200 Jahre Raiffeisen Kampf um die Winninger Bürgermeisterstelle Friedrich Wilhelm Raiffeisen wird 2018 groß gefeiert Auch in Winningen wird es aus Anlass des 200 Geburtstags eine große Ausstellungin der Volksbank geben Dass der in aller Welt als Gründer des Genossenschaftswesens bekannte Raiffeisen enge Bindungen zu Winningenhatte ist bekannt Dass er aber gerne Bürgermeister des Amtes Winningen geworden wäre wissen nur wenige Raiffeisen war evangelisch und das wurde ihm vermutlich zum Verhängnis Die katholischen Gemeinden im Umfeld setzten schließlich ihren Kandidaten durch Und dieser blieb dann 44 Jahre im Amt Rainer Garbe schildert für den UhlenSpiegel die Ereignisse von Rainer GarbeSeit nunmehr fast 200 Jah ren sind in unseren Regio nen Gemeinden in einemübergreifenden Kommunal gebilde unter Leitung eineshauptamtlichen Bürgermeis ters zusammengefasst Diese Verwaltungsorganisa tion hat ihren Ursprung inder sogenannten Franzo senzeit als die französi schen Revolutionsheere abdem Jahr 1794 das linksrhei nische Gebiet erobertenund damit das Heilige Rö mische Reich DeutscherNation sowie die vielenkleinen Territorialstaatenbeseitigten Nach einigen Jahren desÜbergangs wurden im Jahre1800 sogenannte Mairiengebildet in der die Verwal tung mehrere Gemeindenunter Leitung eines Mairezusammengefasst war Auchder Marktflecken Winningenwurde Sitz einer Mairie zuder die Orte Güls Bishol der Kobern Wolken und Laygehörten Nachdem das Kö nigreich Preußen im Jahre1815 durch den Beschlussauf dem Wiener Kongress inBesitz der Rheinlande kam blieben die französischenVerwaltungseinrichtungen inden Grundzügen bestehen Erweitert wurde die nun mehr preußische Bürger meisterei Winningen um dieGemeinde Dieblich die vor her zur Mairie Niederfellgehört hatte Die Zusammenfassung ineinem gemeinsamen Staats gebiet war für die genann ten Gemeinden etwas völligneues Über Jahrhundertehatte die Gemeinde Winnin gen unter der Herrschaftder Grafen von Sponheimbzw deren Rechtsnachfol gern gestanden 1557 warman gemäß dem Grundsatz cuius regio eius religio zurevangelischen Religion über getreten Weit abgeschnittenvon anderen Orten derGrafschaft lag Winningen als Enklave mitten im Gebietdes Kurfürstentums Trierund damit umgeben vonrein katholischen Ort schaften Im Jahre 1847 konnte manimmerhin auf 47 Jahre ge meinsam erlebter Kommu nalpolitik zurückschauen doch die über Jahrhundertegewachsenen Strukturenunterschiedlicher territoria ler Zugehörigkeit und un terschiedlicher Konfessionprägten weiterhin wesent lich das Miteinander derevangelischen Einwohnervon Winningen und dersechs übrigen katholischenNachbargemeinden Mit dem ehemaligen Kreis sekretär Johann Peter Weckbecker stand erst derdritte Bürgermeister an derSpitze der Bürgermeisterei der kommissarisch von derRegierung zu Koblenz einge setzt die Geschäfte seitdem 19 Januar 1823 leitete Besondere Verdienste hatteer sich zuletzt beim Bau derMoselstraße erworben Im fortgeschrittenen Altererklärte er am 1 April 1847dem Königlichen Landratdes Kreises Koblenz GrafBoos dass er bereit sei dasAmt niederzulegen so baldihm die gesetzliche Pensionals Kreis Sekretair sowieein fixer Betrag von 1 Silber groschen pro Kopf der Be völkerung für die Zeit alsBürgermeister der Bürger meisterei Winningen ge währt werde Wenn damit der Termin desvorzeitigen AusscheidensWeckbeckers auch nochnicht feststand so muss es1847 wohl eine Art Aus schreibung für die Wieder besetzung derBürgermeisterstelle gege ben haben denn im Laufedes Jahres waren bereits ei nige Bewerbungen bei derzuständigen KöniglichenRegierung zu Koblenz ein gegangen Unter den Bewer bern befand sich auch einheutzutage weltweit damalsaber wohl nur in der Ge meinde Winningen bekann ter Name Schon am 16 Juli 1846 hat ten Bürger sogenannteMeistbeerbte und Gemein deverordnete von Winnin gen in einer Eingabe an dieRegierung zu Koblenz Ab teilung des Innern sich da hingehend geäußert dass sieim Falle der schon nahe be vorstehenden Erledigung derBürgermeiste reistelle zu Win ningen sie in der Person desBürgermeisters Friedrich Wil helm Raiffeisen zu Weierbuschden geeigneten tüchtigen undthätigen Beamten zu kennenglauben der seit vielen Jahrenin Winningen bekannt durcheigene Anschauung mit unse ren Verhältnissen vertraut durch seine Heirath wie ein heimisch und dem Vernehmennach in unserer Gemeindenächstens auch ansässig Der Termin dieser Eingabewar wohl mit F W Raiffeisenabgesprochen denn bereitsam 15 Juli hatte er ein ers tes Bewerbungsschreibenan die Regierung zu Koblenzabgeschickt ohne daraufeine Antwort erhalten zuhaben Dagegen kam es schon kurznach der Erklärung Weckbe ckers vom 1 April anlässlichder Bürgermeistereiver sammlung am 16 April 1847zwischen den Abgeordnetender sechs katholischen Ge meinden und der evangeli schen Gemeinde Winningenzu einer ersten Auseinan dersetzung um die Wieder besetzung derBürgermeisterstelle Unter Teilnahme des Regie rungsrats Halm sprachensich die Vertreter der ka tholischen GemeindenGüls Bisholder Dieblich Lay Kobern und Wolken dafüraus daß die bewilligte Pen sion für Weckbecker an dieBedingung geknüpft werde daß die Königliche Regierungals Nachfolger des HerrnWeckbecker den Civil Super nummerar Liedel ernenne Halm erwiderte darauf dassdas Stellen einer solchenBedingung ihm nicht ange messen scheine da die Bür germeistereiversammlungnicht die Kompetenz habe einen solchen Beschluß zufassen sondern die Nach folge in 103 der Kommu nalordnung geregelt sei Dagegen war Halm bereit ein Protokoll über die Wünsche der einzelnen Mit glieder aufzunehmen undder Regierung vorzulegen Mit Ausnahme des 1 Bür germeistereibeigeordnetenGottfried Kraemer desOrtsvorstehers JohannAnton Knaudt der Gemein deverordneten Dr Karl Wil helm Arnoldi und CorneliusArnoldi alle aus Winningen erklärten die übrigen 16 Ab geordneten daß sie ihr aus schließliches Vertrauen auf denCivil Supernummerar Liedel zuCoblenz gesetzt hätten Dagegen sprachen sich dieWinninger Vertreter ingleicher Art für den Bür germeister Raiffeisen inWeyerbusch aus und drück ten den Wunsch aus daß dieKönigliche Regierung diesenzum Nachfolger des HerrnWeckbecker ernennenmöge Über das Ergebnis dieserVersammlung muss Raiffei sen wiederum durch seineWinninger Freunde umge hend informiert wordensein denn bereits am 27 April 1847 brachte er inweiteren Eingaben seine Be werbung um das Bürger meisteramt in derBürgermeisterei Winningennachdrücklich zum Aus druck Euer HochwohlgeborenWar ich so frei im vorigen Jahrgehorsamst zu bitten bei Be setzung der Bürgermeisterei stelle zu Winningen Sichhochgefälligst für mich aus sprechen zu wollen Da demVernehmen nach diese Beset zung in der nächsten Zeit er folgen soll so erlaube ichgehorsamst meine Bitte noch mals zu wiederholen indemdie Gewährung derselben mei nen sehnlichsten Wunsch inErfüllung brächte In der frohen Hoffnung daßmir in dieser AngelegenheitHochderselben wichtige Für sprache zu Theil werden wird verbleibe ich mit aufrichtigerDankbarkeit und Hochach tung Er Hochwohlgeboren Weyerbusch den 27 April1847ganz gehorsamster Die ner Raiffeisen Bürgermeister Mit gleichem Datum ver fasste Raiffeisen ein erneu tes Bewerbungsschreibenan die Regierung zu Ko blenz das am 30 April 1847dort einging und mit demBetreff Gesuch des Bür germeisters Raiffeisen umÜbertragung der Bürger meisterstelle Winningen und einigen Sichtvermerkenversehen ohne Antwortzunächst einmal zu denAkten gelegt wurde Weyerbusch den 27 April 1847 Zufolge mir gewordener Mit theilung soll nunmehr die Bür germeisterstelle zu Winningendurch Pensionierung desHerrn Bürgermeisters Weck becker in der nächsten Zeiterledigt werden Eine Königli che Hohe Re gierung bitte ichdaher nochmals mit Bezug aufmein Gesuch vom 15 Juli v Js ganz gehorsamst um hochge neigte Übertragung dieserStelle Außerdem daß in mehrerenBeziehungen die hochgeneigteGewährung dieser Bitte fürmich sehr wünschenswerthwäre fühle ich mich besondersdeshalb zu derselben veran laßt weil ich Grundbesitzer inder Gemeinde Winningen bin und mir durch meine bisherigeDienstführung die Zufrieden heit hoher Stelle erworben zuhaben glaube Einer Königlichen Hohen Re gierung ganz gehorsamsterDienerRaiffeisen Bürgermeister Die Reaktion der sechs ka tholischen Gemeinden ließnicht lange auf sich warten Mit Bezug auf eine in derZwischenzeit stattgefun dene Unterredung mit demOberpräsidenten Eichmannvom 8 Juni erläuterten dieGemeindevertreter ineinem am 24 Juni 1847 ver fassten elfseitigen Schreibenan die Behörde in Koblenzihre Gesichtspunkte zurWiederbesetzung der Bür germeisterstelle Ohne Um schweife machten siedeutlich dass man auch demOberpräsidenten mitgeteilthabe dass man auf der For derung Wünsche beste hen bleibe dass dasRuhegehalt für Bürgermeis ter Weckbecker nur bewil ligt werde wenn Liedel ausCochem als Nachfolger er nannt werde Als Vertreterder Mehrheit die immerhin 3 4 des ganzen Bürger meistereibezirks repräsen tierten sehe man sichberufen die Berücksichti gung in Bezug auf die Per son des anzustellendenBürgermeisters geziemendin Anspruch zu nehmen Liedel sei durch Berichteaus seiner Heimat sowiedurch seine Arbeit als Su pernummerar allgemein be kannt und genieße dasvollste Vertrauen Auch derUmstand dass Liedel dieBürgermeisterstelle in Kar den angetragen worden warund damit für ein solchesAmt also geeignet seinmüsse Damit sei er der Ein zige unter denjenigen Per sonen auf welche besonders Rücksicht ge nommen werden soll Damit sprach man direktden 103 der erst 1845 ge änderten Gemeindeord nung an Nach diesemParagraphen der Gemeinde ordnung war vorgesehen dass bei Ernennung des Bür germeisters auf angese hene Grundbesitzer imBürgermeistereibezirk undauf sonstige Personen wel che das Vertrauen der Ein gesessenen vorzugsweisegenießen sofern sie sonstfür das Amt geeignet sind besonders Rücksicht ge nommen werde Einzig dieWünsche der Vertreter derGemeinde Winningen wi chen von denen der Mehr heit ab Den einzigenBeweggrund sehe mandarin daß ein ihrer Con fession angehöriger Bürger meister und zwar in derPerson des Herrn Bürger meisters Raiffeisen in Wey erbusch von denEingesessenen Winningensoder doch von der einergroßen Theil des Ortes be herrschenden weitverzweig ten Verwandtschaft desHerrn Raiffeisen gewünschtwird Raiffeisen habe sogar wie wir zu unserm Erstau nen erfuhren vor einigenWochen aufgrund einesSchenkungsaktes um Über schreibung eines kleinen Grundbesitzthums ins Ka taster der Gemeinde Win ningen nachgesucht Damitwolle sich Raiffeisen zueinem angesehenenGrundbesitzer machen umseine Chancen auf Übertra gung der Stelle zu verbes sern Man bezweifelt dass dieseSchenkung ihre Richtigkeithabe darüber hinaus müssees sonderbar erscheinen mit ein Paar ThalernGrundsteuer die mancherTagelöhner bezahlt als an gesehener Grundbesitzerder Bürgermeisterei Win ningen gelten zu wollen undüberdies reicht die bloße Ei genschaft eines angesehe nen Grundbesitzers nochlange nicht hin Bürgermeis ter von Winningen werdenzu können Grundbesitzkönne nicht mehr gelten als das Vertrauen der Einge sessenen vorzugweise zugenießen Auch die Konfessionszuge hörigkeit wird als Argumen Schon 1958 gedachte die Deutsche Bundespost in der Reihe Helfer der Menschheit der gro ßen Leistungen Friedrich Wilhelm Raiffeisens 1988 kam zum 100 Todestag eine weitere Markeheraus

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