41 Vorwort Im Alter von fünf Jahren kam ich aus einem Flüchtlingslager Dänemarks in ein Dorf in Niedersachsen Ich kannte bislang keine Bäume Beim Beerensammeln mit meiner Mutter im Wald brachte der Wind die Wip fel zum Singen sodass ich erstaunt hochblickte und fragte was das wohl wäre Meine Mutter sagte Nun sei mal ganz still denn jetzt geht Gott durch den Wald Ich wusste nicht wer Gott war Aber von Stund an war für mich der Wald ein großes Geheimnis Später lernte ich dass Wind und Geist im Hebräischen als ruach und im Griechischen als pneuma identisch sind Sicherlich war mein Urerlebnis im Wald be stimmend für meinen späteren Beruf als Diplomforstwirt und Theologe 12 Anmerkungen zu unserem Wald 1 Unser Verhältnis zum Wald schwankt zwischen Ausbeutung und romantischer Verklärung Die von Tacitus ca 100 n Chr gefürchteten finsteren Urwälder Germaniens wurden in der Geschichte immer mehr durch Besiedlung reduziert Während der Völkerwanderung in Pestzei ten und im 30 jährigen Krieg nahm die Bevölkerung wieder ab und die Bewaldung wieder zu Aber vollends mit der Industrialisierung wurde der Wald zum reinen Nutzfaktor und damit endgültig Wirtschaftswald Das bedeutet vom natürlichen Mischwald hin zur schnell wachsenden Monokultur z B Fichte im Harz gefährdet von Trockenheit Wind Feuer und Insekten Die inbrünstig religiöse Verklärung des Waldes in der Romantik zum geheimnisvollen Märchenort mit Erneuerungspotential für die Seele war bereits ein Zeichen des Verlustes Eichendorffs Dichtung O Täler weit o Höhen o schöner grüner Wald du meine Lust und Wehen an R E F L E X IO N DER WALD UNSER BESTER VERBÜNDETER IN DER KRISE Hans Werner Mehnert

Vorschau Aufschlüsse Nr. 77 Seite 43
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