die weniger dem System als dem eigenen Menschsein geschuldet waren Rückblickend denke ich dass die kriti schen Anfragen an Religion und Gesell schaft wie sie damals gestellt wurden sich nicht erledigt haben Sie sind es in Zeiten weltweiter Miseren mehr denn je wert in der Debatte zu bleiben wenn auch die Antworten heute differenzierter ausfallen müssten als sie damals im Fo yer der Mensa von allen Büchertischen gegeben werden konnten Wir sehen ja wie die Beseitigung von Herrschaftsver hältnissen in neue Abhängigkeiten führt Und der eigenen Fesseln ledig geworden zu sein bewahrt einen selbst nicht vor Herrschaftsattitüden Im Großen Kate chismus Martin Luthers stieß ich im 2 Artikel des Glaubensbekenntnisses auf eine Stelle mit der ich in diesem Zusam menhang nicht gerechnet hätte Sie zielt auf die Entsprechung von Herrschaft und Erlösung Luthers Sprache und Menschenbild sind andere als in den Sozialwissenschaften gleichwohl darf man fragen um welche Erfahrungen es dabei geht Für Luther heißt Christus als Herrn zu haben dass er mich erlöst hat von Sünde vom Teu fel vom Tode und allem Unglück Und weiter Denn zuvor habe ich keinen Herrn und König gehabt sondern bin unter des Teufels Gewalt gefangen zu dem Tode verdammt in der Sünde und Blindheit verstrickt gewesen Das sind starke Worte Hier geht es um einen Verblendungszusammenhang an derer Art Der Mensch wähnt sich losge löst von seinem Ursprung als Herr über sein Leben und ist doch immer schon fremdbestimmt Es gibt für Luther in dem Sinne kein autonomes Subjekt Dabei liegt der Fokus nicht auf weltli cher Herrschaft sprich Obrigkeit die von Luther nie prinzipiell in Frage ge stellt wird Ihm geht es um eine Herr schaft ja Tyrannei die den Menschen hinterrücks und unbemerkt bestimmt und gefangen hält Diese Tyrannen oder Stockmeister wie Luther sie auch nennt nämlich Sünde Teufel Tod und Unglück lassen sich psychologisch oder gesellschaftlich nicht in den Griff be kommen Es braucht einen der die Fes seln löst die Gefangenschaft aufhebt und sich als Herr über jene Tyrannen erweist aus deren Herrschaft sich keiner selbst erlösen kann In den Worten Luthers So sind nun jene Tyrannen und Stockmeister alle vertrieben und ist an ihre Statt Jesus Christus getreten ein Herr des Lebens Gerechtigkeit alles Guten und Seligkeit und hat uns arme verlorne Menschen

Vorschau Aufschlüsse Nr. 73 Seite 22
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