ist demnach weniger ein Zustand als eine Übung Mündigkeit ist auch die erste Voraussetzung für einen Dialog der Religionen der seinen Namen verdient Denn nur wer mündig spricht der hat eine Position von der aus er mit Haut und Haaren argumentiert ohne beim ersten Angriff sofort umzufallen Der tiefe theologische Grund dieser Mündigkeit liegt darin dass Gott den Menschen in seiner Einzigartigkeit anspricht und um Antwort er sucht In der wissenschaftlichen Theologie hat der Glaube der auf Mündigkeit aus ist eine diesen Glauben kritisch und konstruktiv be gleitende Vernunft Sie befragt die christlichen Zeugnisse der Vergan genheit und der Gegenwart und zwingt so zu einer institutionalisierten Nachdenklichkeit der in allen erdenklichen Belangen an der steten Unterscheidung von Gott und Mensch gelegen ist einer Unterschei dung die immer wieder neu gefunden werden muss Das Christentum trägt so wenn es sich ernst nimmt eine eigene Form der Religionskritik in sich Diese Kritik bezieht sich nicht nur auf heilige Texte auf die Einsicht in das geschichtliche Gewordensein der eigenen Gestalt und in die Vorläufigkeit aller menschlichen Wahrheit Gute Theologie stellt immer auch Urteilsvermögen und kreative Sprachformen zur Verfü gung um andere kulturelle Phänomene in den Blick zu nehmen An diesem eigenen Anspruch wird sie sich messen lassen müssen Indem es seine eigene Botschaft selbstbewusst und sprachkräftig vertritt kann ein mündiges Christentum die Aufklärung davor bewahren selbst religiös zu werden Denn wie die Aufklärung die Religion vor ihrer Fundamen talisierung bewahrt bewahrt eine mündige Religion die Aufklärung vor dieser Gefahr selbst zur Weltanschauung zu werden die kein fremdes Urteil mehr erträgt Im polemischen Gerangel um Religion versus Auf klärung sind wir mit Schleiermacher gut beraten der die religiösen Ver ächter der Aufklärung wie die aufgeklärten Verächter der Religion daran erinnert dass beide sich um der Freiheit des Menschen willen gegensei tig auf die Sprünge helfen sollen

Vorschau Aufschlüsse Dezember Seite 34
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