27BGHM Aktuell 4 2017 Leben Leistung ist ihrer zuletzt ausgeüb ten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätig keit nachzugehen Dass sie möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesund heitlichen Bedenken noch ausüben kann ist unerheb lich vgl Bundessozialge richt Urteil vom 30 10 2007 Das gleiche gilt wenn man seine alte Tätigkeit nur stun denweise ausüben kann Eine sogenannte Teilarbeits fähigkeit kennt die gesetz liche Unfallversicherung nämlich nicht Hinsichtlich der Ähnlichkeit muss be rücksichtigt werden welche Bedingungen das bisherige Arbeitsverhältnis im We sentlichen geprägt haben und welche ähnlichen also dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgeartete Tätigkeiten in Betracht kommen Hierbei kommt es darauf an dass die Art der Verrichtung und auch die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in etwa übereinstimmen Bei anerkannten Ausbildungsberufen scheiden daher Tätigkeiten außerhalb des Berufsbildes aus wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 8 Februar 2000 betonte Meister sitzt am Empfang Bei ungelernten oder angelernten Arbeitskräften ist je weils individuell zu entscheiden ob eine andere Tätigkeit zumutbar ist Der Arbeitgeber darf beispielsweise dann nicht auf einen anderen Arbeitsplatz verweisen wenn er völlig neue Anforderungen an den Versicherten stellt und keinerlei Bezug mehr zur bisherigen Tätigkeit hat Lagerar beiter soll Toiletten putzen oder wenn durch die bisherige Tätigkeit besondere berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten erworben worden sind Eine längere Einarbeitungszeit an der neuen Stelle spricht ebenfalls gegen die Annahme einer ähnlich gearteten Tätigkeit zuletzt LSG Berlin Brandenburg vom 16 06 2016 Arbeitsunfähigkeit Liegt keine zulässige Verweisbarkeit auf eine andere Tätig keit vor gilt eine versicherte Person nach einem Unfall Ar beitsunfall Privatunfall als vollständig arbeitsunfähig Dies gilt auch dann wenn die versicherte Person vorübergehend an einem sogenannten Schonarbeitsplatz arbeitet Insbe sondere wenn die zugewiesene Tätigkeit nicht wirklich be triebsnützlich ist sondern nur deshalb verrichtet wird um keine Arbeitsunfähigkeit dokumentieren zu müssen Dann kann von Arbeitsfähigkeit keine Rede sein Gleiches gilt wenn jemand seine übliche Tätigkeit nur zeitweise am Arbeitsplatz oder auch zu Hause im soge nannten Homeoffice erledigen kann da das Gesetz eine Teilarbeits un fähigkeit nicht kennt Arbeitet jemand schon vor dem Unfall im Homeoffice und arbeitet danach zu Hause weiter wird man nur in eklatanten Fällen eine Arbeitsun fähigkeit feststellen können Eine Verweisbarkeit scheint gerade hier noch am ehesten möglich zu sein Hier spielt dann auch wieder der Begriff der unzulässigen Teilarbeits fähigkeit eine Rolle also wenn jemand seine volle arbeits vertragliche Stundenzahl nicht erreicht weil er in dieser Zeit beispielsweise zur ärztlichen Behandlung muss oder wegen Medikamenteneinnahme zeitweise nicht arbeiten kann Man muss daher wie so häufig jeden Fall einzeln beurteilen Da die gesetzliche Unfallversicherung nur eine vollständi ge Arbeitsfähigkeit kennt bedeutet dies dass ein Arbeitsun fall gemäß Paragraf 193 SGB VII der Berufsgenossenschaft immer zu melden ist wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage andauert Andererseits geht die Rechtsprechung davon aus dass je mand der seine alte Tätigkeit oder auch eine andere für den Heilverlauf unschädliche Tätigkeit vor Ablauf der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht nur vorübergehend freiwillig wiederaufnimmt auch arbeitsfähig ist LSG Stutt gart vom 09 03 2017 LAG Nürnberg vom 01 09 2015 Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arz tes ist nicht rechtlich bindend sondern stellt lediglich eine tatsächliche widerlegbare Vermutung für die Arbeitsunfä higkeit dar Versicherungsschutz nicht betroffen Auf jeden Fall ist der Unfallversicherungsschutz davon nicht betroffen Wird eine Tätigkeit vorzeitig wiederaufgenommen oder eine andere Tätigkeit ausgeübt so steht die betroffene Person bei einem Arbeitsunfall stets unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung Maßgeblich ist nach Para graf 8 Absatz 1 SGB VII allein dass sich der Unfall infolge einer betrieblichen Tätigkeit ereignet hat Dabei kann dahin gestellt sein ob die Aufnahme sinnvoll war oder nicht Al lerdings schreitet die Berufsgenossenschaft ein wenn sich die Unfallfolgen dadurch verschlimmern könnten und sie davon erfährt Karl Heinz Schwirz BGHM

Vorschau 2017-04 BGHM-Aktuell Seite 27
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